
ich sende Ihnen nachfolgend ein Newsletter von Leonhard Schmitz, weil er hier die umfangreiche, gegenwärtige politische Thematik anspricht. Seine Kommentare untermauert
er u. a. mit aktuellen grafischen Auswertungen des Statistischen Bundesamtes.
Alle Themen werden in sachlicher und leicht verständlicher Weise dargestellt und machen deutlich, wie schamlos die Öffentlichkeit falsch bzw. irreführend informiert wird.
Leider wird in seiner Abhandlung das Thema „Ursachen und Verursacher“ der neuen Völkerwanderung nicht erwähnt, was aber seinen Ausführungen insgesamt kaum
schadet.
Herzliche Grüße
Dieter Krogmann
www.denkfabrik-info.de
——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Deutschland schickt derzeit über die Medien ein Bild von Flucht- und Flüchtlingshelfern um die Welt, mit Bildern von Willkommensfeiern und gewaltigen Spendenaktionen. Die deutschen Medien trommeln, als müßte jeder anständige Deutscher täglich seine gute Tat für Flüchtlinge leisten. Unzählige Flüchtlingsorganisationen sind unterwegs, um ihren Beitrag zu erbringen. In einigen Bildern zeigen sich bereits aggressive Formen von Flüchtlingshilfe, wie bei dem hier vorangestellten von der Vertreibung des sächsischen Innenministers vom Flüchtlingsfest in Heidenau mit dem Stinkefinger eines vielleicht nicht aus Deutschland stammenden Menschen aus den Organisationsgruppen hinter ihm. In den Medien wurde so lange auf die Bundeskanzlerin eingetrommelt, bis auch sie – noch zusätzlich zum Vizekanzler – nach Heidenau kam.
Was bei solcher demonstrativer Willkommenskultur gern vergessen wird, ist die dreifache Wirkung: die in den Herkunftsländern der Flüchtlinge, wo sie nur als Einladung, ebenfalls nach Deutschland zu kommen, verstanden werden kann, und die in den anderen EU-Ländern, die umso weniger akzeptieren werden, den Deutschen ihre Flüchtlinge dann teilweise wieder abzunehmen. Wenn sich die Deutschen so über ihre Flüchtlinge freuen (einschließlich der Wirtschaftsflüchtlinge) und immer neue ins Land holen, dann sollen sie sie auch behalten und sich an deren Integration versuchen. Good luck Germany!
Und drittens gibt es eine Wirkung auf sehr viele Menschen in Deutschland, die sich von den Regierenden vernachlässigt fühlen und auch um ihre meist schlecht bezahlten Arbeitsplätze fürchten, weil hier eine unübersehbare Konkurrenz im Niedriglohnbereich hochwächst, natürlich zur Freude der Arbeitgeber. Die wenigsten der Flüchtlingshelfer dürften zu dieser Personengruppe gehören. Beispielsweise wurde in einer neuen Ipsos-Umfrage festgestellt, wie stark gespalten die deutsche Bevölkerung in der Einwanderungsfrage ist (Abb. 18959). Das belegt auch der ARD-Deutschland-Trend, demzufolge der größere Teil der Befragten die Aufnahme von Flüchtlingen abgesenkt sehen möchte (Abb. 18960). Bei den Ostdeutschen wollen sogar 47 % die Aufnahme absenken und nur 17 % eine Steigerung. Besonders abgelehnt wurde in der Umfrage von 69 % die Aufnahme von Wirtschaftsflüchtlingen; hier gibt es nur bei Linke-Anhängern überwiegend positive Ergebnisse – was überrascht, weil gerade die Anhänger dieser Partei von der Niedriglohnkonkurrenz der Immigranten begroffen sein werden.
Diese im eigenen Interesse besorgte Personengruppe zu beruhigen, wird nicht gelingen, wenn die Bundesregierung nur immer Vorteile der Immigration an die Wand malt. Dafür müssen endlich die sozialen Verhältnisse in der einheimischen Bevölkerung verbessert und der Zuwachs an Armut gestoppt werden. Einheimische, die trotz Jobs und Hartz-4-Zuzahlung nicht viel mehr als arbeitslose Flüchtlinge verdienen, werden gegenüber hoher Zuwanderung nicht gleichgültig bleiben. Daß die unteren Einkommensgruppen diejenigen sind, die die Verbindung zwischen Immigration und dem Arbeitsmarkt sehen, hat die gleiche Ipsos-Umfrage am Beispiel Großbritanniens gezeigt: In der obersten Einkommensgruppe waren nur 22 % für eine Begrenzung der Einwanderung wegen der Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, in der untersten dagegen ein doppelt so hoher Anteil. So wären soziale Verbesserungen gegenüber der bedrängten einheimischen Bevölkerung auch ein wichtiges Stück aktiver Flüchtlingshilfe.
Kein Tag ohne neue Nachrichten von der „Flüchtlingsfront“. Beruhigend verkündet die Bundesregierung bisher immer wieder, Deutschland sei mit den Flüchtlingen nicht überfordert, obwohl schon viele Bilder drastisch das Gegenteil suggerieren und die Zahlen gespenstisch ansteigen (Abb. 18943). Seit Jahresanfang sind allein an den italienischen Küsten mehr als 100.000 Flüchtlinge aus Afrika, dem Nahen Osten und Südasien angekommen. Auf der weniger gefährlichen Balkanroute kommen noch viele mehr, ein Großteil aus vergleichsweise sicheren Balkanländern. 180.000 sind seit Jahresanfang allein in Serbien angekommen. Die Zahl der Flüchtlinge auf der gesamten Balkanroute ist nach Angaben von Bundesinnenminister Thomas de Maizière im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 600 % gestiegen. Hauptziel der Flüchtlinge ist Deutschland. Die Durchreiseländer wollen sie dahin schnell loswerden. Während Deutschland 2009 im internationalen Vergleich noch auf dem neunten Platz der Einwanderungsländer lag, stieg es 2012 schon auf den zweiten nach den USA auf und dürfte bald die Spitze in der Welt übernehmen. Auch pro Bevölkerung wird Deutschland in diesem Jahr an die Spitze kommen (Abb. 18950).
Während die für Flüchtlingsfragen eigentlich nicht zuständige Arbeitsministerin Nahles (SPD) im SPIEGEL-Interview vollmundig erklärt: „Wir sind eines der reichsten Länder der Welt. Wenn wir es wollen, kriegen wir das gemeinsam auch hin. Wer kann das schultern, wenn nicht wir?“, ist der zuständige Innenminister schon vorsichtig geworden: „Die für dieses Jahr prognostizierte Zahl von rund 800.000 Asylbewerbern wird Deutschland verkraften. Auf Dauer allerdings sind 800.000 für ein solches Land wie Deutschland zu viel.“ Und gleichzeitig warnt er: „Deutschland muß sich für einige Jahre auf hohe Flüchtlingszahlen einstellen“.
1. Die besondere Attraktivität Deutschlands
Deutschland gilt unter Flüchtlingen als besonders attraktiv. Es ist kein Wunder, daß im europäischen Vergleich Deutschland gerade unter den Wirtschaftsflüchtlingen als Wunderland gilt, das auch vom UN Flüchtlingssekretariat gepriesen wird. Hier finden Flüchtlinge – wenn auch nicht gleich am Anfang – eine vergleichsweise komfortable Unterkunft, werden frühzeitig an den Arbeitsmarkt gelassen, werden falls arbeitslos ausreichend finanziell unterstützt, können die Familie nachholen und werden nur selten oder erst nach langen Zeiten abgeschoben. Migranten aus Serbien erhalten beispielsweise mehr Geld vom deutschen Staat als der serbische Durchschnittsverdiener in seinem regulären Job. Nach Ansicht des serbischen Premiers Aleksandar Vucic würde schon eine Kürzung der Zahlungen an Flüchtlinge den Zuzug von Flüchtlingen vom Balkan um 80 % senken. Das Wohlstandsgefälle gegenüber dem Westbalkan und vor allem den meisten afrikanischen Ländern ist geradezu dramatisch.
Dagegen werden beispielsweise illegale Immigranten in Großbritannien nach neuen Gesetzen bei Arbeitsaufnahme mit Gefängnis bestraft und ihre Arbeitseinkommen konfisziert. Frankreich hält das Flüchtlingslager am Tunnel durch den Ärmelkanal absichtlich in einem miserablen Zustand. In Verletzung des Schengenabkommens werden aus Italien einreisende Flüchtlinge an der Grenze abgefangen und in den nächsten Zug zurück gesetzt. Das dänische Parlament hat gestern eine Asylreform beschlossen, die die Hilfen für Flüchtlinge stark kürzt: Asylbewerber erhalten künftig deutlich weniger Geld zum Leben.
2. Weiter steigende Flüchtlingszahlen, besonders bei Wirtschaftsflüchtlingen
Tatsächlich ist aus mehreren Gründen mit hohen und noch weiter steigenden Flüchtlingszahlen zu rechnen, selbst wenn man nur die Wirtschaftsflüchtlinge ins Visier nimmt. Die uns benachbarten Westbalkanländer sind mit einer Bevölkerung von 15 Mio. Menschen die Armenhäuser Europas mit einem Sechstel (Kosovo) bis einem Drittel (Serbien) der Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung Deutschlands (Abb. 18941). Sie haben schon relativ hohe Diasporen in deutschen Großstädten, die ihrerseits neue Flüchtlinge nachziehen. Zwischen 1991 und 2013 sind aus dem ehemaligen Jugoslawien und Albanien bereits mehr als eine 3/4 Million Menschen nach Deutschland gezogen (kumulierter Wanderungssaldo). Auch die Erwartung einer Mitgliedschaft in der EU trägt zum Ansteigen der Asylsuchenden vom Balkan bei.
Die eigentliche Welle an Wirtschaftsflüchtlingen ist aus Afrika zu erwarten, das Europa über das Mittelmeer benachbart liegt. Hier herrscht schon jetzt meist bittere Armut. Die endemische Korruption macht Hoffnungen auf die Zukunft zu Nichte. Vor allem explodieren die Bevölkerungen und damit das Emigrationspotenzial, besonders in den islamisch geprägten Ländern. In weiten Teilen Afrikas wird sich die Bevölkerung über die nächsten nur 35 Jahre mehr als verdoppeln, während sie in Deutschland trotz angenommener erheblicher Zuwanderung um 8 % fallen soll (Abb. 18689).
Nach der jüngsten, gerade erschienenen Bevölkerungsprognose der UN wird die Hälfte des Zuwachses der Weltbevölkerung bis zum Ende des Jahrhunderts allein auf Afrika entfallen. Dessen Bevölkerungszahl wird sich bis dahin beinahe vervierfachen – auf über vier Milliarden, 25 % der Weltbevölkerung zur Jahrhundertmitte, 39 % zum Jahrhundertende. In Angola, Burundi, der Republik Kongo, Malawi, Mali, Niger, Somalia, Uganda, Sambia und Tansania verfünffacht sich die Einwohnerschaft. Das mehrheitlich muslimische Nigeria wird nach Indien und China mit 752 Millionen Menschen das drittbevölkerungsreichste Land der Erde sein, vor den USA mit 450 Millionen und zwölfmal größer als Deutschland. In Nordafrika steigt unter einer jungen Bevölkerung schon jetzt die Arbeits- und Hoffnungslosigkeit und zerstört die einstigen Erwartungen an einen arabischen Frühling.
3. Überforderte Integration
Der Engpaß in der Aufnahme von Flüchtlingen liegt, jedenfalls für die nächsten Jahre, nicht so sehr bei deren Unterbringung oder Versorgung. Da kann mit dem Einsatz finanzieller Mittel nachgeholfen werden. Weit schlechter sieht es mit der Integrationsfähigkeit aus, bei der die deutschen Leistungsgrenzen sich erst längerfristig zeigen werden. Ein Teil der Flüchtlinge hat unvorstellbare Gewalt erlebt und ist dadurch abgestumpft und nicht selten auch selbst gewaltbereit geworden. Das zeigen gewaltsame und rassistische Auseinandersetzungen in Flüchtlingsheimen, die nun schon an manchen Orten dazu zwingen, Flüchtlinge nach Religionen getrennt unterzubringen – ein ganz schlimmes Omen für die Zukunft. Auch gewaltsame Grenzdurchbrüche, wie jetzt in Mazedonien oder am Tunnel nach Großbritannien belegen, zu welcher Gewalt ein Teil der Flüchtlinge fähig ist, wenn sie es als ihr Recht ansehen, überall in Europa aufgenommen zu werden.
Bei der besonders wichtigen Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt hat Deutschland schon jetzt, und das zu guten Zeiten, erhebliche Probleme. Bei vielen Menschen mit Immigrationshintergrund, fehlt es an der notwendigen Berufsbildung und sehr oft auch an den sprachlichen Fähigkeiten, selbst wenn sie schon längere Zeit in Deutschland leben. Damit werden die schwer zu integrierenden Menschen entweder in geringbezahlte und dementsprechend unsichere Jobs abgedrängt oder leben voll von öffentlichen Leistungen.
So sind die Flüchtlinge aus dem Westbalkan, der derzeitige Hauptstrom der Zuwanderer noch vor den Syrern, besonders wenig beruflich vorbereitet. Das Statistische Bundesamt bringt die Daten für die Herkunft aus dem ehemaligen Jugoslawien in „Bevölkerung mit Migrationshintergrund – Ergebnisse des Mikrozensus 2012“. Frauen aus dem früheren Jugoslawien haben verglichen mit Frauen ohne Migrationshintergrund nur halb so oft einen berufsqualifizierenden Abschluß, bei Männern sind es 43 % gegenüber 73 % (Abb. 18939). Für Albanien dürften die Anteile noch wesentlich niedriger liegen. Die nächste große Welle an Flüchtlingen wird, wie schon oben dargestellt, unter dem Druck extrem hoher Geburtenraten aus Afrika kommen und zu einem sehr großen Anteil muslimischen Glaubens sein. Deren berufliche Vorbereitung für eine Integration in Deutschland wird noch geringer sein, vor allem bei den Frauen. Nur ein Fünftel der in Deutschland lebenden afrikanischen Frauen mit Migrationshintergrund hat derzeit einen berufsqualifizierenden Bildungsabschluß, gegenüber zwei Dritteln bei den Frauen ohne Migratioshintergrund.
Während gegenwärtig 45,0 % der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund überwiegend von einem Arbeitseinkommen lebt, sind es bei Menschen mit Migrationshintergrund nur 39 %, bei einem Hintergrund in der Türkei 33 % und bei einem in Afrika sogar nur 32 %. Entsprechend größer ist der Anteil derer, die überwiegend von öffentlicher Unterstützung leben, und zwar von 5 % für Menschen ohne Migrationshintergrund bis 13 % für einen in der Türkei und sogar 18 % in Afrika, also fast dreimal bis fast viermal so hoch (Abb. 18747).
Wichtig und augenöffnend ist in diesem Zusammenhang die derzeitige Erfahrung mit den Migranten aus Bulgarien – ein Land, das immerhin schon seit vielen Jahren zur Europäischen Union gehört. Nach Angaben des Chefs der Bundesagentur für Arbeit Weise lebte im April 2015 jeder vierte Bulgare in Deutschland arbeitslos oder mit Aufstockung eines kleinen Arbeitseinkommens von Hartz IV. Und dieser Anteil steigt trotz guter Lage am Arbeitsmarkt immer noch: vor einem Jahr war es nur jeder fünfte. Während 42 % der in Deutschland lebenden Bulgaren eine Arbeit hatten, bezogen 27 % Hartz-4-Leistungen; dagegen liegt dieser Anteil bei Bundesbürgern nur bei 7,5 % (selbst unter Einschluß derer mit Migrationshintergrund). In den vorsichtigen Worten von Weise: „Wir haben hier Menschen, von denen manche wegen ihrer geringen Bildung und fehlender Sprachkenntnisse noch nicht dazu geeignet sind, daß man sie in Arbeit bringt“.
4. Drohende politische Gefahren
Sollte der Arbeitsmarkt wieder einmal kippen, so wird es zu einer heftigen Konkurrenz der Immigranten und Flüchtlinge mit einheimischen Arbeitskräften ohne Migrationshintergrund um die verbleibenden weniger anspruchsvollen Jobs kommen. Erst dann wird auch in Deutschland mit weit verbreiteter Fremdenfeindlichkeit zu rechnen sein. Eine Warnung ist in dieser Hinsicht die Entwicklung in Schweden. Hier nimmt die rechtspopulistische schwedische Partei SD (Schwedendemokraten) mit ihren ausländerfeindlichen Kampagnen auch in guten Wirtschaftszeiten immer weiter zu. Nach der jüngsten Umfrage durch YouGov liegt sie mit 25 % an der Spitze der Parteien vor den regierenden Sozialdemokraten mit 23 % und den Konservativen mit 21 %. Die unglückliche deutsche Geschichte bewahrt unser Land bisher vor einer ähnlichen Entwicklung. Ob das aber immer so bleiben wird, wenn der Strom der Flüchtlinge um 1 Million pro Jahr anhält und vor allem die Wirtschaftslage mal wieder schlechter ist, kann niemand mit Sicherheit sagen.
Wahrscheinlich tun wir sehr vielen der Flüchtlinge selbst, soweit sie aus wirtschaftlichen Gründen zu uns kommen und mangels Vorbildung schlecht integrierbar sind, keinen Gefallen, wenn wir sie hier behalten und teilweise der Gefahr aussetzen, am Ende in der sozialen Parallelgesellschaft einer auf öffentliche Unterstützung angewiesenen Unterklasse zu landen und sich dann teilweise zu radikalisieren.
5. Ein anderes Europa
Wir riskieren mit dem bisher unkontrollierten Zustrom an Flüchtlingen auch die Akzeptanz der EU und vor allem der Schengen-Freiheit in weiten Teilen unserer Bevölkerung, die schon vom Streit um den Euro genervt ist und nun den Streit um die Verteilung der Flüchtlinge verfolgt. Solidarität in der EU wird immer mehr zur Mangelware, nun auch in der Frage der Verteilung von Flüchtlingen. Man kann keinen Staat zwingen, Flüchtlinge aufzunehmen. Die Osteuropäer machen nur nach, was Großbritannien schon seit Jahren praktiziert und nun mit zunehmend militärisch organisierten Abwehrmaßnahmen am Tunnel unter dem Ärmelkanal verschärft hat. Mit immer mehr Flüchtlingen werden wir ein anderes Europa bekommen – eines, das noch gespaltener und noch weniger attraktiv ist.
6. Die Rolle der deutschen Medien
Die deutschen Medien sind beim Umgang mit dem Flüchtlingsthema ziemlich gleichgeschaltet mit den Verlautbarungen der Bundesregierung. Sie unterscheiden nicht oder kaum zwischen Wirtschaftsflüchtlingen und den wirklich in ihrem Leben Bedrohten. Ihr Mitleid mit den Wirtschaftsflüchtlingen geht überwiegend so weit, selbst die Einführung sicherer Herkunftsländer abzulehnen. Sie halten den Zustrom an Flüchtlingen für verkraftbar und tabuisieren dabei die mangelnde schulische und berufliche Vorbildung vieler Flüchtlinge und andere schwere Probleme mit der Integration. Sie reden uns angesichts dieses Tabus ein, daß wir schon wegen unserer demografischen Entwicklungen alle Flüchtlinge brauchen, derer wir habhaft werden können. Einige Medien gehen sogar so weit, uns mit windigen Argumenten selbst für die Flüchtlingswelle mitverantwortlich zu machen. So meint der SPIEGEL in einem Kommentar seines Ressortleiters Politik und Leiters des Berliner Büros sowie Mitglieds der Chefredaktion, wir Deutschen hätten versäumt, die Balkanländer in die EU aufzunehmen, hätten uns in Syrien nicht militärisch engagiert, uns aus Afghanistan militärisch zurückgezogen und würden uns in Libyen nicht militärisch einmischen. Ist der Mann in seinem festen Glauben an die Wunder der EU und der Bundeswehr noch zu retten?
Andere Gutmeinende, wie der frühere Bundesaußenminister Joschka Fischer, wollen uns in den Medien daran erinnern, daß in schwierigen Zeiten Millionen von Europäern in Nordamerika und Australien Zuflucht gefunden hätten, und dabei unterschlägt er, daß es sich in der Regel um gutausgebildete und relativ leicht zu integrierende Menschen handelte, an denen die Einwanderungsländer aus purem Eigeninteresse dringend interessiert waren. Und dann fordert Fischer auch noch, wie der Kollege vom SPIEGEL eine verstärkte europäische Sicherheitspolitik, was nichts anderes heißen soll, als militärisches Eingreifen in der Herkunftsländern der Flüchtlinge.
7. Schlußfolgerungen
Deutschland braucht dringend ein Einwanderungsgesetz, daß in einem Punktesystem klare an der Integrationsfähigkeit orientierte Kriterien für die Zulassung von Wirtschaftsflüchtlingen aufstellt und nur solchen die Einreise erlaubt, die fachlich für Berufe qualifiziert sind, bei denen in Deutschland ein wirklicher Mangel besteht und die nicht im Niedriglohnbereich angesiedelt sind. Dabei wird der Zuzug auf die Gegenden zu beschränken sein, in denen der Mangel tatsächlich besteht. Um ein solches Gesetz wirksam zu machen, wird Deutschland mindestens zeitweise aus der Schengenvereinbarung aussteigen und wesentlich mehr Grenzschutzbeamte einstellen müssen. Die Abschiebung von abgewiesenen Wirtschaftsflüchtlingen sollte auf Bundesebene zentralisiert werden und nicht länger Landesregierungen überlassen sein, die dabei derzeit zum Teil erheblichem Gegendruck aus der Öffentlichkeit unterliegen. Gleichzeitig wird Deutschland seine Entwicklungshilfeleistungen erheblich hochfahren müssen und sollte endlich den Rüstungsexport in Entwicklungsländer bremsen.
Nachtrag: Die Schwächen der Verteilung von Flüchtlingen in Deutschland
Der sogenannte „Königssteiner Schlüssel“ für die Verteilung von Flüchtlingen in Deutschland hat erhebliche Schwächen. Er führt zu einer Konzentration in den Stadtstaaten und in Nordrheinwestfalen und verschont die besonders wohlhabenden Länder mit besonders geringer Arbeitslosigkeitt Bayern und Baden-Württemberg (Abb. 18953). Eine solche Konzentration baut starke Diasporen von Flüchtlingen nach ethnischer Herkunft auf, die dann ihrerseits immer mehr Flüchtlinge nachziehen – ein Rezept für eine nicht integrierbare Unterklasse.
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Die Volkswirtschaften des Westens, allen voran die deutsche, haben sich sehr vom chinesischen Staatskapitalismus abhängig gemacht. Doch nun beginnt sich, die weit übertriebene neoliberale Globalisierung auch in dieser Hinsicht zu rächen. Der Traum vom riesigen chinesischen Markt wird für die westlichen Exporteure schnell zum Alptraum, wenn der chinesische Wirtschaftsmotor zu stottern beginnt. Dabei zieht China viele Schwellenländer nach unten, die entweder in Asien stark mit China verbunden sind, oder als große Rohstofflieferanten, wie Brasilien oder viele Länder in Afrika, von der alles beherrschenden chinesischen Nachfrage nach Rohstoffen abhängig sind, und schwächt den deutschen Export in andere Länder noch einmal von dieser Seite her. Nach China haben bisher in diesen Wochen schon 17 Schwellenländer abwerten müssen. Auch Japan leidet unter der intensiven Verknüpfung mit dem großen Nachbarn. Aus Afrika hat China wegen des eingebrochenen eigenen Bedarfs an Rohstoffen in den 6 Monaten bis Juli 2015 schon 40 % weniger importiert als in der Vorjahresperiode.
Die chinesische Regierung zeigt sich derzeit ohnmächtig, um die Wachstumsschwäche zu überwinden. Die endemische Mischung aus Staatswirtschaft und einem hohen Maß an Korruption ist dazu wenig geeignet. Viele Staatsunternehmen sind hoch verschuldet, ihre Bilanzen völlig intransparent. Die staatlichen Banken haben im riesigen Umfang faule Kredite in ihren Bilanzen. Viele Industrien hatten ihre kreditfinanzierte Produktion unsinnig hochgefahren. Der Industriesektor verzeichnete in diesem Monat den stärksten Rückgang seit fünf Jahren. Dabei sind dieser Sektor und die ebenfalls schwächelnde Bauindustrie nach Kaufkraft die größten in der Welt. Der Zuwachs an Investitionen fiel auf das niedrigste Niveau in 10 Jahren. Selbst der Verkauf von Kraftfahrzeugen fiel im Juni um mehr als 3 % gegenüber Vorjahreszeitraum. Der Zuwachs des Stromverbrauchs – in China ein verläßlicherer Indikator als das BIP – fällt schon seit Jahren und ist nun nahe der Null-Linie angekommen (Abb. 18949).
Hinzu kommt ein gigantisches System von Schattenbanken, bei dem Banken Vermögensprodukte anbieten, eine versteckte zweite Bilanz der Banken, die ihnen erlaubt, staatliche Maßnahmen zur Drosselung des Kreditflusses und zur Einschränkung der Kreditexzesse zu umgehen. Für Sparer, die sonst auf normalen Sparkonten nur miserable Zinsen bekamen, war das ein willkommener Ausweg. Bis 2012 hatte sich dieses System auf 40 % der chinesischen Wirtschaftsleistung aufgebläht. Seit 2014 gingen die chinesischen Behörden dann gegen diese Schattenbanken als Kreditgeber der chinesischen Wirtschaft vor. Das bremste die Wirtschaftsentwicklung, und so entdeckten die Planer den Aktienmarkt als neues Vehikel, um das Geld der Sparer in die kreditbedürftigen und überschuldeten Staatsunternehmen zu schleusen. Mit gewaltiger Propaganda wurden normale Chinesen, von denen ohnehin viele eine Spielernatur haben, bewogen, zu Aktienspekulanten zu werden. Die Kurse stiegen und stiegen. Doch dann kam der unvermeidbare Crash. Der chinesische Aktienindex Shanghai A ist seit Mitte Juni bereits um ein Drittel abgestürzt (Abb. 18945), allein heute kamen bisher weitere 8 % Minus hinzu. Selbst staatliche Aktienaufkäufe durch die dazu angewiesenen staatlich kontrollierten Pensionsfonds, konnten daran nichts ändern und mußten wieder eingestellt werden. Normale Chinesen haben durch den noch nicht beendeten Crash schon jetzt hohe Anteile ihrer Ersparnisse verloren. Das ist umso schmerzhafter als in China keine Sozialversicherung besteht und die Menschen für Krankheiten, das Alter und die Schulung ihrer Kinder sparen müssen. Die Stimmung in weiten Bevölkerungskreisen ist explosiv geworden.
Das Drama ist seit einiger Zeit so großflächig geworden, daß überall in der Welt schon seit Wochen die Aktienpreise abstürzen. Der deutsche Aktienindex verlor seit Mai bereits fast 15 % (Abb. 18946), und allein heute bisher weitere über 4 %. Weltweit haben die Börsenmärkte seit dem 11. August schon mehr als 5 Billionen US$ verloren. Einige Medien sprechen schon vom „schwarzen Montag“.
Eigentlich sollte die globale Auswirkung der chinesischen Krise nicht überraschen. China hat seine Währung nicht konvertibel gemacht, auch um auf innere Schwierigkeiten mit einer Abwertung reagieren zu können. Doch genau die exportiert die Probleme der chinesischen Wirtschaft um den Globus herum. Sie erschwert Exporte nach China zum Schaden der Schwellenländer bei den Rohstoffen und der westlichen Industrieländer bei Industriegütern, während sie den chinesischen Export befördert und damit Arbeitslosigkeit exportiert. Auch Deutschland hat sich zu sehr vom chinesischen Markt abhängig gemacht. Seit dem Jahr 2000 stiegen die deutschen Exporte nach China mit einer nominalen Verachtfachung (Abb. 18931). Der Anteil der Exporte nach China am deutschen Gesamtexport hat sich seit dem Jahr 2000 von 1,6 % auf 6,6 % mehr als vervierfacht. In einzelnen Warenbereichen ist der Anteil weit höher gestiegen, z.B. bei Investitionsgütern auf fast 10 %, bei elektrischen Ausrüstungen, Maschinen und Kraftfahrzeugen rund 11 %. Für viele deutsche Exportprodukte ist China der in der Welt wichtigste Markt geworden. Da läßt sich ein Einbruch nicht mehr so leicht verschmerzen, zumal wenn auch andere Exportmärkte müde werden, entweder weil sie in der einen oder anderen Richtung ebenfalls von der Chinaflaute erwischt werden oder unter anderen Problemen leiden, wie derzeit die Eurokrisenländer. Im ersten Halbjahr 2015 stotterte der deutsche Export nach China bereits, mit Minuswerten in der Hälfte der Monate (Abb. 18947).
Die Zukunft des Riesenreiches sieht nun relativ trübe aus. Der rasche Aufstieg des Landes aus bitterster Armut war, auch Dank westlicher Investitionen und westlicher Exportmärkte, gelungen. Doch die die Marktkräfte ausschließende Staatswirtschaft im Bankenbereich und bei den meisten großen Unternehmen ist wenig geeignet, um nun immer weiteren Wirtschaftszuwachs zu garantieren. Das chinesische Modell, sonst immer gepriesen, hat viel von seiner Attraktivität verloren. Westliche Unternehmen werden sich überlegen müssen, ob sie weiter ihr Heil in China suchen können. Deutschland sollte sich darauf vorbereiten, daß mit auch nach China schwächelndem Export die schönen Zeiten am Arbeitsmarkt bald vorbei sein können.
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Wieder Irreführung mit der Geburtenstatistik
Da meldet das Statistische Bundesamt in dürren Worten und ohne jede weitere Erklärung: „Im Jahr 2014 wurden in Deutschland 715.000 Kinder lebend geboren. Das waren 33.000 Neugeborene oder 4,8 % mehr als im Jahr 2013. In Deutschland waren zuletzt im Jahr 2004 mehr als 700.000 Kinder zur Welt gekommen.“
Das riecht angesichts der seit vielen Jahren stagnierenden Rate von Kindern pro Frau im gebärfähigen Alter nach einer frohen Botschaft. Und so machen die Medien prompt und wie vom Amt erwartet mit entsprechenden Schlagzeilen auf und fügen gleich noch glückliche Photos der Neugeborenen bei, wie z.B. „Höchste Geburtenrate seit zehn Jahren“ (ZEIT) oder „Deutschland: So viele Babys wie seit 13 Jahren nicht“ (SPIEGEL).
Doch hätte das Statistische Bundesamt den Echo-Effekt des Baby-Booms zwischen 1975 und 1990 erwähnen müssen. Die damals besonders zahlreich geborenen Frauen sind heute zwischen 40 und 25 Jahren alt, also im Alter, wo Frauen normalerweise ihre Kinder bekommen (Abb. 18948).
Hinzu kommt noch ein zweiter Umstand, der sich nicht herausrechnen läßt. In den letzten Jahren sind viele Frauen mit Migrationshintergrund ins gebärfähige Alter gekommen, die nun zahlreicher in Deutschland sind und im Durchschnitt auch mehr Kinder haben als Frauen ohne Migrationshintergrund.Man kann daher leider nicht erwarten, daß bei den heimischen Frauen ein dauerhaft neues Niveau an Geburten erreicht ist. Die Meldung des Amtes führt schlicht in die Irre.
Verrat ist ein schwerer Vorwurf. Im politischen Umfeld trifft er dann zu, wenn politische Kreise vorgeben, die Interessen bestimmter Bevölkerungsgruppen wahrzunehmen, aber effektiv das Gegenteil tun. So haben alle politischen Parteien in Deutschland im Programm, für mehr Chancengleichheit zu sorgen und den in ihrer Entwicklung Benachteiligten zu mehr Rechten zu verhelfen.
Praktisch wurde aber die Chancengleichheit seit Jahren immer weiter abgebaut. Das Schulsystem diskriminiert noch mehr als in anderen Ländern gegen Kinder, deren Eltern nicht zu den Wohlhabenden gehören (Abb. 17890). In keinem anderen Land sind Bildungsabsteiger gegenüber dem Schulabschluß der Eltern so häufig wie in Deutschland (Abb. 15954). Ein wuchernder Niedriglohnsektor mit Zeit- und Teilzeitverträgen und viel Leiharbeit hält große Teile der Bevölkerung vom Aufstieg ab. Die beruflichen Chancen der Frauen entsprechen weiter nicht denen der Männer, weniger als in fast allen Ländern Westeuropas (Abb. 14224). Die Spitzensteuersätze und die Unternehmenssteuern wurden zugunsten des Kapitals gesenkt, die Vermögenssteuer abgeschafft und auf der anderen Seite Sozialleistungen für die ohnehin Benachteiligten abgebaut. Und vieles mehr. Man kann das in unendlichen Beispielen belegen und viele meiner Wochen- und Rundbriefe haben es in der Vergangenheit getan. Auf diesem Felde der Chancengleichheit kann sich keine der früher oder jetzt regierenden Parteien vom Vorwurf des Verrats freisprechen.
Doch gibt es zwei neue Felder, auf denen Verrat an den Interessen derer, für die sich Parteien und Verbände in Deutschland angeblich einsetzen, bereits stattfindet oder schon vorbereitet wird. Dazu gehört die Politik zur Verteidigung des Euros. Den Vorteil aus dem Euro haben in Deutschland fast nur die Exportunternehmen und deren Aktionäre, weil sie – per Euro gegen Abwertungen in der Eurozone geschützt und nach draußen durch den niedrigen Kurs subventioniert – den Vorteil von deutschen Niedriglöhnen auskosten und ihre Gewinne hochfahren können (Abb. 18926). Nach einer neuen Studie von Ernst & Young wirkt „der schwache Euro bei vielen deutschen Unternehmen als Umsatz- und Gewinnturbo“. Normale Menschen, wie sie mit den Parteiprogrammen samariterhaft angesprochen werden, tragen dagegen die Lasten einer immer weiter ausufernden Euro-Transferunion und einer die Sparer schädigenden Zinspolitik der Europäischen Zentralbank und durch den niedrigen Eurokurs überteuerter Einfuhren. Ihre Interessen werden schlicht verraten. Der Verrat wird mit der unsinnigen Behauptung verbrämt, zum Euro gäbe es keine Alternative und ohne Euro Krieg in Europa.
Ein anderes Feld des politischen Verrats hat sich beim Zulauf von Flüchtlingen entwickelt. Sie kommen in immer größerer Zahl (in diesem Jahr werden nun schon 800.000 erwartet, Abb. 18936, 18943) und vor allem aus den vergleichsweise sicheren Balkanländern, werden aber auch nach Ablehnung ihrer Asylanträge kaum abgeschoben. Dahinter stehen nicht zuletzt die Interessen der Arbeitgeber und des von ihnen vertretenen Kapitals an billigen Arbeitskräften. So verlangt die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände: „Die Potenziale in Deutschland lebender Asylsuchender und Geduldeter müssen besser ausgeschöpft werden. Ziel ist, dass diese Personen einen schnelleren Arbeitsmarktzugang erhalten.“ Auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags fordert: „Den Flüchtlingen, die in unserem Land Zuflucht suchen, sollten wir eine Perspektive geben. Für die Wirtschaft seien Menschen mit Migrationshintergrund eine große Chance.“ Es ist wie seinerzeit bei der Anwerbung von ungebildeten Gastarbeitern aus Anatolien. Wenn dann die Integration bei vielen dieser Menschen nicht klappt, werden die Lasten einfach auf die Allgemeinheit abgeschoben.
Auch der Innenminister macht es sich bisher sehr einfach und meinte bei der Vorstellung der neuen Prognose: „Das ist eine Herausforderung für uns alle; überfordert ist Deutschland mit dieser Entwicklung nicht“. Noch einfacher macht es sich Arbeitsministerin Nahles, die nicht für Flüchtlinge Verantwortung trägt, sondern eigentlich das Wohl der deutschen Arbeitskräfte im Auge haben (und nicht verraten) sollte. Im SPIEGEL-Interview erklärt sie vollmundig: „Wir sind eines der reichsten Länder der Welt. Wenn wir es wollen, kriegen wir das gemeinsam auch hin. Wer kann das schultern, wenn nicht wir?“ und schließt dann gleich noch den Vorschlag an, die Vorrangprüfung für Menschen aus diesen Staaten, nach der Flüchtlinge eine Beschäftigung eigentlich nur aufnehmen dürfen, wenn für diese Stelle keine deutschen Arbeitnehmer oder EU-Bürger zur Verfügung stehen, kontingentiert aufzuheben. Das heißt nichts anderes, als die wilde Konkurrenz mit den heimischen Arbeitskräften im Interesse der Arbeitgeber einzuleiten. So wird auch gleich die Katze aus dem Sack gelassen. Und schon gar nicht hat Nahles daran gedacht, daß die von China und anderen Ländern abhängige deutsche Konjunktur mit entsprechenden Folgen für den Arbeitsmarkt sehr schnell abkippen kann. Will sie dann die Flüchtlinge zurückschicken oder hat sie einen anderen Joker im Ärmel?
Selbst in dem immer wieder wegen seiner vergleichsweise liberalen Einwanderungspolitik und seiner sozialen Standards gepriesenen Schweden arbeitet die Hälfte derer, denen vor 10 Jahren Asyl gewährt wurde und die im Lande geblieben sind, zu einem Lohn von nur 55 % des durchschnittlichen Medians, nach der internationalen Armutsdefinition also in Armut. Wohin das führen kann, zeigen neue Umfragen aus Schweden, wonach die immigrationsfeindliche Partei derzeit die stärkste Zustimmung aller politischen Parteien erfährt. Auf diesem Feld werden ein weiteres Mal die Interessen derer in der heimischen Bevölkerung verraten, die der Konkurrenz der neuen Billigstarbeitskräfte rücksichtslos ausgesetzt sein werden, und deren Interessen wahrzunehmen, die Parteien sonst immer behaupten. Hinzu kommt, daß Flüchtlingsheime bevorzugt dort eingerichtet werden, wo die ohnehin sozial Benachteiligten leben, nicht aber in den feineren Vierteln der Großstädte. Auch wird bei der Verteilung der Flüchtlinge in Deutschland weder das Niveau an örtlicher Arbeitslosigkeit, noch der bereits erreichte Ausländeranteil berücksichtigt – besonders wichtige soziale Faktoren. Erneut werden damit gerade diejenigen Mitbürger einseitig belastet, von denen die Parteien vorgeben, sich für sie einsetzen zu wollen. Auch das ist nichts anderes als eine perfide Form von Verrat, zumal das Ganze gern humanitär verbrämt wird.
Sobald es um die nackten und meist brutal durchgesetzten Interessen des Kapitals geht, verraten fast alle deutschen Parteien willfährig die Interessen derer, die auf ihren Schutz angewiesen sind und angeblich von ihnen geschützt werden.
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Deutschland haftet für den Fall einer Staatspleite Griechenlands bereits mit einem Betrag von 85,2 Mrd. Euro. Wenn der Bundestag am kommenden Mittwoch dem neuen Kreditpaket von zusätzlich 86 Mrd. Euro zustimmt, erhöht sich der gesamte deutsche Haftungsanteil auf rund 108 Mrd. Euro. Das sind pro Kopf jedes Erwerbstätigen 2.530 Euro oder so viel wie der derzeitige Soli in etwas mehr als 7 Jahren an Steuern einbringt (er müßte also 7 Jahre lang verdoppelt werden, um den Verlust aus einer Griechenlandpleite bei völligem Forderungsausfall abzutragen).
Wenn es um die griechischen Schulden geht, sind die Bundesregierung und viele Medien jedoch gerade wieder einmal dabei, den deutschen Steuerzahler an der Nase herumzuführen. Da spricht Frau Merkel im Sommerinterview vom Sonntag von Laufzeitenverlängerungen und Zinssenkungen, ohne rot zu werden so, als bedeute das gar nichts und sei quasi das Gegenteil von einem Schuldenschnitt. Den Schuldenschnitt, der die ehrliche und wahrscheinlich auch billigere Lösung wäre, darf es schon deshalb nicht geben, weil dies einen sofortigen Verlust für den Bundeshaushalt mit wahrscheinlich steuerlichen Konsequenzen bedeuten würde und das noch zu Amtszeiten der Bundeskanzlerin, die die Kredite an Griechenland immer als sicher bezeichnet und dementsprechend in Schattenhaushalten versteck hat. (Anmerkung: Entsprechend groß ist das Erpressungspotenzial von griechischer Seite).
Also mogelt man sich weiter mit Laufzeiten- und Zinsregelungen durch, wie man das bisher schon getan hat, und tut so, als koste das nichts. Griechenland zahlt bereits jetzt auf seine bisherige Schulden gegenüber den Europartnern nur noch in geringem Umfang Zinsen und mit einem Zinssatz, der mit im Schnitt 1,5 % weit niedriger als bei den anderen Krisenländern ist, wobei die Kredite aus dem ESFS für 10 Jahre zinsfrei gestellt wurden und die Zinsen auf Kredite der EZB zurückerstattet werden. Rückzahlungen aus der Griechenland Fazilität beginnen erst 2020 und reichen bis 2041, während sie aus der EFSF auf 2023 bis 2055 hinausgeschoben sind, also bis auf 40 Jahre von heute (Abb. 18592). Für 2015 rechnet das Breugel-Institut mit einer Gesamtzinsbelastung von nur noch 2 % des BIP, wobei Zinsen an private Gläubiger einbezogen werden (gegenüber beispielsweise 5 % bei Portugal, Abb. 18898).
Nun soll es also mit dieser so praktischen und angeblich völlig kostenlosen Methode weitergehen. Der neue Kredit von 86 Mrd. Euro soll die absolut ungewöhnliche Laufzeit von durchschnittlich 32,5 Jahre bei einem Zins von derzeit nur 1 % haben. Bei Forbes Opinion hat Timm Worstall nachgerechnet und kommt zu einem schon jetzt garantierten Verlust von fast der Hälfte, nämlich 41 Mrd. Euro. Der Grund ist einfach: für die Zukunft erwartete Zahlungen muß man immer auf ihren derzeitigen Wert („present value“) zurückrechnen. Ein Euro heute ist eben mehr wert als einer morgen und umgekehrt einer von morgen weniger als einer von heute. Das gibt der kreditverteuernden Zinsrate auf künftige Zahlungen ihren Sinn und ist bei der Kalkulation von Investitionsprojekten ganz normale Praxis in der privaten Wirtschaft.
Dabei muß man zunächst eine normale Zinsrate unterstellen, die Griechenland an den Finanzmärkten bei einer stabileren Finanzsituation zahlen müßte, in diesem Fall wird von 5 % ausgegangen (derzeit muß Griechenland etwa 9 % zahlen). Die Kosten des den Kredit gewährenden Rettungsschirm ESM am Markt über die kommenden 32,5 Jahre werden mit etwa 2 % angenommen, die derzeitige Zinsrate auf französische 30-Jahres-Anleihen (derzeit sind es beim ESM nur 1 %, doch es wird der allgemeinen Zinsentwicklung folgend mehr werden). Die Zinssubvention liegt also in der Differenz zwischen 2 % und 5 %. Weiter werden eine Rückzahlung in einem Rutsch nach 32,5 Jahren unterstellt und jeweils einmal jährliche Zinszahlungen durch Griechenland. So kommt man zu einem derzeitigen Wert der 86 Mrd. Euro Rückzahlung von nur 45 Mrd. Euro und zu einem derzeitigen Verlust von 41 Mrd. Euro.
Das unterstellt immer noch, daß Griechenland tatsächlich eines fernen Tages zurückzahlt und nicht weitere Schuldenerleichterungen bei Zinsen und Laufzeiten nötig werden, womit eigentlich zu rechnen ist.
Wäre die Bundesregierung ehrlich mit uns und den schlecht informierten Abgeordneten des Bundestags, würde sie uns aufklären, daß 41 Mrd. Euro, von denen das Meiste auf Deutschland entfällt, schon jetzt verloren sind, bevor noch alle Bedingungen des Hilfspakets überhaupt vereinbart sind. In den Worten von Worstall: Man kann sich nur schwer an eine Regierungsentscheidung erinnern, die den Steuerzahler so viel gekostet hat. Und die deutsche LINKE, die dem Kredit nicht zustimmen will, würde Griechenland um 41 Mrd. Euro ärmer machen, wenn sie im Bundestag die Mehrheit hätte.
Es ist nun damit zu rechnen, daß Irland, Portugal, Spanien und – warum nicht? – Italien ähnliche verlustreiche Umschuldungen verlangen werden, soweit sie es nicht schon – wie Irland (!) – getan haben. Und deren Schulden sind zusammen um ein Vielfaches höher als die Griechenlands. Allein die Staatsverschuldung des kleinen Irlands erreicht 58 % der griechischen, die Italiens ist fast sechsmal höher. Am Ende werden die Gläubiger eine Auflösung der Eurozone vorziehen, als ständig neue Belastungen auf sich zu nehmen. Letzteres freilich erst nach den Amtszeiten von Merkel und Schäuble.
Was hier mit der abgeblich kostenlosen Schuldenerleichterung läuft, ist nichts anderes als ökonomischer und finanzpolitischer Wahnsinn und zugleich ein undemokratisches Verschaukeln der deutschen Wähler.
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Das Thema Asyl und Asylmißbrauch gehört in Deutschland zu den besonders sensiblen. Wer sich hier aus der Deckung wagt, kann schnell als Rechtsradikaler gescholten werden. Für mich ist das kein Tabu-Thema, schon wegen der gewaltigen damit verbundenen Probleme und der vielen Falschinformation durch die Medien.
1. Immer mehr Asyl-Anträge:
Deutschland an der Spitze des ZuwachsesIm vergangenen Jahr wurden 203.000 Asylanträge gezählt. Für dieses erwartet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bisher 450.000 (Abb. 18936). Eine neue Prognose soll in dieser Woche veröffentlicht werden. Der bayerische Innenminister Herrmann rechnet bereits mit 600.000. Schon bei 500.000 Asylanträgen würde Deutschland in diesem Jahr auch im Verhältnis zur Einwohnerzahl an die Spitze des europäischen Feldes rücken, gleichauf mit Schweden. Im ersten Halbjahr 2015 sind die Anträge in Deutschland um 127 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen, in Schweden dagegen um 11 % gefallen. Schweden wird von den deutschen Asylbefürwortern sonst immer vorgeführt, um auf der Basis von Asylanträgen pro Einwohnerzahl die deutschen Zahlen zu bagatellisieren. So meldete die ZEIT noch im Mai dieses Jahres unter dem Titel „Wie mit Flüchtlingszahlen Politik gemacht wird“: „Asylbewerberzahlen steigen. Politiker nutzen sie, um Angst vor Flüchtlingen zu schüren. Die Statistik belegt, wie unbegründet das ist. Setzt man die Zahlen ins Verhältnis zur Bevölkerung des jeweiligen Landes, befindet sich Deutschland in der Rangliste in Wahrheit weit hinter Schweden erst an neunter Stelle“. Da macht sich die ZEIT um ihrer eigenen Polemik willen für den eindeutigen Trend blind oder hatte der Journalist keine Lust, den Daten von Eurostat nachzugehen?
Die meisten Anträge werden nach den Zahlen für das erste Halbjahr 2015 mit einem Anteil von 41 % von Bewerbern aus den relativ sicheren Balkanländern gestellt, vor denen aus Syrien mit 20,3 % (Abb. 18935).
Deutschland ist im internationalen Vergleich Westeuropas für Asylbewerber besonders attraktiv. Asylverfahren dauern hier besonders lange, bevor es eventuell zu Abschiebungen kommt, und die Versorgung der Asylanten ist vergleichsweise gut. Außerdem liegt Deutschland geographisch in Westeuropa dem Einfallstor für viele Asylsuchende, besonders vom Balkan und aus Syrien, besonders nahe. So hat sich die Zahl der Anträge seit 2008 fast verachtfacht, während sie sich in der EU weniger als verdreifacht und selbst in Schweden nur etwas mehr als verdreifacht hat (Abb. 18937). Einige Länder haben es geschafft, den Zulauf von Asylsuchenden erheblich zu bremsen; das gilt für Frankreich, Belgien, die Schweiz und vor allem Finland und Großbritannien, zwei Länder ohne jeden Zuwachs.
Von den Erstantragstellern des Jahres 2014 waren fast zwei Drittel (63,2 %) Muslime und fast ein Viertel (24,6 %) Christen.
Hinzu kamen im vergangenen Jahr 128.000 mit illegalem Aufenthalt in Deutschland aufgefundene Drittstaatenangehörige. Hier verzeichnet Deutschland mit einer Steigerung seit 2008 um fast 140 % nach Schweden die stärkste Entwicklung in Westeuropa (Abb. 18938). Die Dunkelziffer der nicht aufgefundenen Illegalen ist wahrscheinlich um ein Mehrfaches höher.
Ein wichtiger Faktor beim Anstieg der Flüchtlingszahlen sind die Schleuser, die bis zur Ankunft in Deutschland tätig werden. Allein im ersten Halbjahr 2015 wurden in Deutschland bereits 1.420 von ihnen verhaftet. Wie im Handel mit Drogen ist der Profit so hoch, daß immer neue Schleuser nachwachsen und die deutschen Grenzen durchlässig machen. Dazu trägt auch das Schengenabkommen bei, das regelmäßige Grenzkontrollen nicht zuläßt, obwohl unsere Nachbarn im Abkommen bemüht sind, die Flüchtlinge möglichst rasch nach Deutschland los zu werden. Doch ein gutmeinender Kommentar in der heutigen Zeit nimmt nun unter der Überschrift „Viele sind Fluchthelfer, keine Gangster“ auch noch diesen Berufsstand in Schutz.
2. Sonderproblem West-BalkanEin besonderes Problem sind die Asylbewerber vom Westbalkan (Abb. 18940), nicht nur wegen ihres hohen Anteils und der in der Regel vergleichsweise geringen Gefährdung in ihren Heimatländern, sondern auch angesichts der sehr oft unzureichenden schulischen und beruflichen Qualifizierung, was die Integration in Deutschland erheblich erschweren dürfte. Das Statistische Bundesamt bringt die Daten für die Herkunft aus dem ehemaligen Jugoslawien in „Bevölkerung mit Migrationshintergrund – Ergebnisse des Mikrozensus 2012“ (Abb. 18939). Für Albanien und den Kosovo dürften sie noch wesentlich ungünstiger sein. Dabei sind die Westbalkan-Länder mit einer Bevölkerung von 15 Mio. Menschen die Armenhäuser Europas mit einem Sechstel (Kosovo) bis einem Drittel (Serbien) der Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung Deutschlands (Abb. 18941).
Die Abschiebung aus Deutschland von abgelehnten Asylbewerbern oder Illegalen ist aus vielen Gründen besonders schwierig und schwieriger als in anderen Ländern. Vor allem gibt es jede Menge praktischer Probleme, die in einem internen Behördenbericht mit dem Titel „Vollzugsdefizite“, an dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die Bundespolizei und sieben Bundesländer mitwirkten, aufgelistet werden. Als wirksamstes Mittel, um in Deutschland einen Daueraufenthalt zu erzwingen, raten Schlepperorganisationen den Flüchtlingen, keine Papiere vorzulegen. So haben 80 % von ihnen keine Pässe oder sonstige Ausweisdokumente oder behaupten, daß das so sei. Wenn man nicht nachweisen kann, aus welchem Land sie kommen, kann man sie nicht zurückschicken. Auch geben Flüchtlinge immer wieder falsche Herkunftsländer an. Nigerianische Asylbewerber behaupten oftmals, aus Kamerun, Zimbabwe oder Sudan zu stammen. In einigen Fällen kann das dann durch eine Sprach- und Textanalyse widerlegt werden. Doch entstehen dann zusätzliche Kosten und zieht sich das Verfahren weiter in die Länge. Eine besondere Verschleierungsmethode stellen Behörden immer wieder bei somalischen Asylsuchenden fest. Bei ihnen komme es „zu Manipulationen an den Fingerkuppen, um einen Abgleich der Fingerabdrücke zu verhindern“, heißt es in dem Behördenbericht.
Immer häufiger klagen abgelehnte Asylsuchende beim Verwaltungsgericht gegen die Entscheidung. Nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge wurde 2014 gegen jeweils vier von zehn Entscheidungen der Behörde geklagt. Nach Ansicht des Vorsitzenden des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter Seegmüller werden beispielsweise in Berlin viele Klagen von Menschen aus Serbien und dem Kosovo eingereicht, deren Aussichten auf Erfolg bei diesen Staaten „nahezu null“ seien. Doch damit können Asylsuchende viel zusätzliche Zeit gewinnen, zumal die Gerichte zunehmend überlastet sind und Verfahren entsprechend länger dauern. Auch nach Ablehnung des Asyls kommt es nicht selten zur „Duldung“, einer Art Aufenthaltserlaubnis bis eine Abschiebung möglich ist. Nach Angaben der Diakonie Deutschland lebten Ende 2013 rund 94.500 Personen im Duldungsstatus – etwa 10.000 von ihnen schon seit mehr als 15 Jahren.
4. Die politische DiskussionAllerdings läßt der Behördenbericht „Vollzugsdefizite“ den Einfluß von „politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auf den Abschiebevollzug“ nicht unerwähnt. Einzelne Abschiebungen würden häufig von Politikern und Medien so thematisiert, daß sie als inhuman erschienen. „Interessierte Kreise“ hätten es geschafft, ein länderübergreifendes Netzwerk aufzubauen, um in diesem Sinne auf allen Ebenen Einfluß zu nehmen. Wenn man die völlig unzureichende Abschiebepraxis kritisiert, darf man die erhebliche Meinungsmache gegen Abschiebungen nicht unberücksichtigt lassen. Die diese Meinung machen, sind in der Regel von den Belastungen durch den massiven Mißbrauch des Asylrechts nicht selbst betroffen, weil sie fernab der Schwerpunkte zu Hause sind und auch die Konkurrenz auf dem illegalen Arbeitsmarkt nicht befürchten müssen.
Auch vergessen diese Gutmeinenden, daß Deutschland umso attraktiver für den massenhaften Mißbrauch des Asylrechts wird, je niedriger die Abschiebequote gedrückt wird. Hinzu kommt in Deutschland ein Dauerstreit zur Frage, was sichere Herkunftsländer sind, bei denen die Ablehnung der Asylanträge schneller erfolgen könnte. Insbesondere „Die Grünen“ lehnen den Begriff „sichere Herkunftsstaaten“ als diskriminierend ab und bestehen auf ausführlicher Einzelprüfung jeden Falles. In anderen EU-Ländern ist die Liste sicherer Herkunftsstaaten weit länger als in Deutschland. So gilt, anders als in Deutschland, Albanien als sicheres Land in Frankreich, Österreich, Belgien, Luxemburg und Großbritannien.
Ein besonderes Thema sind in der deutschen Diskussion die Roma. Man könnte sie als gesamte Volksgruppe unter die Gefährdeten einordnen, weil sie in vielerlei Hinsicht diskriminiert werden. Doch dienen sie in der politischen Diskussion zu Unrecht als wohlfeiles Argument, um die Einordnung der Westbalkan-Länder als „sichere Herkunftsländer“ genererell abzulehnen, obwohl Roma beispielsweise bei Albanien und Kosovo, wo mehr als drei Viertel der Asylsuchenden vom Westbalkan herstammen, nur 9 % der Flüchtlinge stellen (Abb. 18942). Auch diese Diskussion ist also wenig ehrlich.
Die politische Diskussion in Deutschland vermeidet ängstlich das Thema der erheblichen Probleme bei der Integration von Flüchtlingen. Einzelne Jubelmelderungen über geglückte Integrationen bestimmen die Medienlandschaft. Doch selbst das immer wieder wegen seiner vergleichsweise liberalen Einwanderungspolitik gepriesene Schweden, stößt da auf enorme Schwierigkeiten. Jetzt wurde aus einer Studien bekannt, daß die Hälfte derer, denen vor 10 Jahren Asyl gewährt wurde und die im Lande geblieben sind, weniger als 13.000 Kronen pro Monat verdient, während der durchschnittliche Median bei 23.700 Kronen liegt, also weit unterbezahlt ist. Einer von drei Flüchtlingen ist selbst 10 Jahre später immer noch auf finanzielle Hilfen der Gemeinden angewiesen.
Schließlich ist in unserer politischen Diskussion nun selbst das Wort „Asylmißbrauch“, das sich doch eigentlich durch die Fakten aufdrängt, zum Unwort geworden. Es gilt als „rechtsaußen-besetzt“. In der „Süddeutschen Zeitung“ erschien vor einigen Tagen ein Kommentar, in dem dieses Wort als ein vernichtend-paranoider Begriff gebrandmarkt und vor der Gefahr einer „Apokalypse des Hasses“ gewarnt wurde.
* * * * *
Die Eurozone hat eine Währung, die von den Marktkräften bestimmt wird und auf die die EZB zu normalen Zeiten auch durch Gelddrucken („quantitative easing“) nur begrenzt Einfluß nehmen kann. Deswegen ist der Eurokurs für die Krisenregionen der Eurozone viel zu stark und behindert damit deren Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten. Den Vorteil von einem zu starken Euro haben aggressive Schwellenländer mit mangels unabhängiger Gewerkschaften und Streikrechts besonders niedrigen Löhnen, vor allem China. Die Importe der Eurozone aus China sind über die vergangenen Jahre gewaltig gestiegen. Dabei zogen nominal die Importe Deutschlands aus China viel stärker an als die aus den Eurokrisenländern und Frankreich, was auf Verdrängung durch China hindeutet (Abb. 18685).
Im Ergebnis erzielte China mit der EU über die letzten 12 Jahre einen gigantischen Überschuß in der Handelsbilanz von kumuliert 1,7 Billionen Euro, mehr als alle deutschen Haushalte in einem Jahr ausgeben (Abb. 18493).
Umgekehrt hat vor allem Deutschland Dank des für seine Wirtschaft – anders als bei den Eurokrisenländern – zu schwachen Eurokurses seine so künstlich befeuerten Exporte hochgefahren und sich immer mehr und immer gefährlicher vom Export abhängig gemacht. Vor allem stiegen die deutschen Exporte nach China mit einer nominalen Verachtfachung seit dem Jahr 2000 (Abb. 18931). Krisen in China wirken damit unmittelbar auf Deutschland zurück. Das zeigt sich bereits jetzt an den seit zwei Tagen stark fallenden Aktienkursen, besonders der in China engagierten deutschen Automobilhersteller.
Doch nun stottert der chinesische Motor seit einiger Zeit. Im Juli waren im Vergleich zum Vorjahr die Ausfuhren Chinas um 8,3 %, die Industrieproduktion um 6 % eingebrochen. Und prompt wertet die chinesische Zentralbank den Yuan in bisher drei Schritten um gleich 4,6 % gegenüber dem US$ ab, auf den tiefsten Stand seit vier Jahren und die stärkste Abwertung in zwei Jahrzehnten (Abb. 18934).
Die Zentralbank kann das, weil der Yuan keine frei schwankende Währung wie etwa der Euro, sondern an den Kurs des Dollars gebunden ist und die chinesische Zentralbank arbeitstäglich einen Mittel- oder Referenzkurs festlegt, um den der Yuan begrenzt schwanken darf. In China darf niemand ausländische Währung halten. Im Ausland beispielsweise durch Export verdiente ausländische Währung muß bei den chinesischen Banken gegen Yuan zum amtlichen Kurs eingetauscht werden. Die Banken tauschen die ausländische Währung dann bei der Zentralbank zum gleichen Kurs ein.
Gegenüber dem Euro hatte der Yuan seit Ausbruch der Eurokrise zusammen mit dem US$ aufgewertet. Das entsprach auch der sehr unterschiedlichen Wirtschaftsentwicklung (Abb. 18933). Doch nun kam es auch hier zu einer ähnlichen Abwertung des Yuan wie gegenüber dem Dollar (Abb. 18933).
Eine solche amtliche Abwertung verteuert Importe und verbilligt Exporte. Davon wird die Eurozone gleich zweimal getroffen. Importe aus China werden billiger und können umso mehr heimische Produkte von den Märkten verdrängen. Andererseits verlieren Exporte nach China an Wettbewerbsfähigkeit auf dem dortigen Markt. Im Ergebnis verlagert die chinesische Regierung durch einen solchen manipulativen Akt aus dem Lehrbuch für Planwirtschaften einen Teil ihres Problems ins Ausland. Sie senkt die ohnehin bisher mit 4 % vergleichsweise geringe Arbeitslosigkeit zu Hause und erhöht die auf den ausländischen Märkten, die wie die Krisenländer der Eurozone bereits schwer unter Arbeitslosigkeit leiden.
Dabei kommt die Wechselkursmanipulation noch zu den vielen anderen Wettbewerbsverzerrungen hinzu, die der chinesische Staatskapitalismus praktiziert, ohne daß sich die Handelspartner bisher dagegen zur Wehr setzen. Diese Abwertung ist noch nicht dramatisch. Doch wird China sicher noch weitere Abwertungsschritte vornehmen können, bevor sich echter Widerstand aufbaut. Zu groß ist über die vergangenen Jahre die Abhängigkeit der einflußreichen Multis vom chinesischen Markt geworden und zu groß die Versuchung der chinesischen Regierung, ihre Probleme zu exportieren. Nach Reuters sollen einflußreiche Kreise in der chinesischen Regierung bereits auf eine Abwertung bis zu 10 % drängen. Den Preis für die chinesischen Währungsmanipulationen zahlen vor allem die Arbeitnehmer in Europa, deren Löhne noch mehr unter Druck kommen und Arbeitsplätze gefährdet werden.
Interessant ist an dem Vorgang auch, daß die kommunistische Regierung Chinas über die ihr unterstellte Zentralbank erklären läßt, die Abwertung sei eine Hinwendung zu den Entwicklungen der Märkte, also praktisch ein Schritt in eine liberale Reformrichtung auf dem Wege zur Konvertibilität. Man muß das wohl als einen Erklärungsversuch an naive Adressen verstehen. Und so titelt in Deutschland SPIEGEL-online der Pekinger Propaganda folgend brav: „Wechselkurs des chinesischen Yuan: Jetzt regiert der Markt“. Wie immer findet Peking in unseren Medien reichlich Unterstützung.
* * * * *Der Ursprung der griechischen Krise auf einen Blick und ein Märchen
Mit dem Beitritt zur Eurozone begann in Griechenland eine Wachstumsperiode mit einem jährlichen realen Zuwachs der Wirtschaftsleistung bis zu 6 % und im Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2007, dem letzten Jahr vor der Krise, sagenhaften 4,3 %. Die auch für Griechenland stark gefallenen Zinsraten der EZB unterstützten diesen Boom. Damit hätte Griechenland in diesen sehr guten Zeiten sein Haushaltsdefizit einfrieren und dann abbauen müssen, um so einen gefährlichen weiteren Zuwachs der Staatsverschuldung über 100 % zu bremsen bzw. schnellstens umzudrehen.
Doch die griechischen Regierungen taten genau das Gegenteil. Sie verdoppelten bis 2004 das jährliche Haushaltsdefizit von 3,7 % auf 7,4 % des BIP und reduzierten es danach nur sehr wenig, so daß es im Durchschnitt der Vorkrisenjahre seit 2000 bei unhaltbaren 5,5 % des BIP lag. Der Staat gab mit beiden Händen Geld aus, erhöhte den bereits aufgeblasenen Beamtenapparat und schloß die Augen vor der Steuerflucht. Damit stiegen die Staatsschulden immer weiter von 97 % des BIP in 2003 auf 105 % in 2007. Der Crash wurde unvermeidbar und hing nur noch davon ab, wann sich der globale Kreditboom abkühlen würde und private Geldgeber nicht mehr bereit wären, den griechischen Staat zu finanzieren. Die Verantwortung für diesen haushaltspolitischen Amoklauf kann weder Deutschland noch den Europartnern angelastet werden. Die einseitigen Schuldzuweisúngen an die Gläubiger, die auch in Deutschland Schule gemacht haben, gehen an den Realitäten vorbei.
Diese Daten sind hier auf einen Blick zusammengestellt (Abb. 18927).
Nun zum Märchen: Am 10. August melden die deutschen Medien unter teils stark dramatisierenden Überschriften, Deutschland hätte wegen der Griechenlandkrise über niedrige Zinsen für seine Staatsanleihen 100 Mrd. Euro gewonnen, und damit mehr als es aus Krediten an Griechenland im Feuer hätte. Dies will das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) herausgefunden haben. Prompt setzt der SPIEGEL die keinen Zweifel zulassende Überschrift: „100 Milliarden Einsparungen seit 2010: So stark profitiert der deutsche Staat von der Eurokrise“. Doch das ist ziemlicher Unsinn, wie so vieles, was derzeit zur Griechenlandkrise in den deutschen Medien erscheint.
Als die griechischen Zinsen 2011 und 2012 stiegen, fielen die deutschen um 1,8 Prozentpunkte und das allerdings nur für neu aufgelegte Staatsanleihen; aber auch die Zinsen für Staatsanleihen Frankreichs und anderer Länder fielen in diesem Zeitraum (Abb. 18928). Das geschah vor allem, weil die EZB mit dem Aufkauf von Staatsanleihen und der Drohung vom September 2012, unbegrenzt solche Anleihen zu kaufen, die Zinsen nach unten drückte.
Meist bewegten sich die Zinsen für griechische und deutsche Staatsanleihen jedoch – entgegen den Annahmen des IWH – völlig unabhängig voneinander. So stiegen und fielen zwischen August 2011 und Mai 2013 die Zinsen für Griechenland erheblich, ohne daß das wesentliche Auswirkungen auf den Zins für Bundesanleihen hatte (Abb. 18929).
Ab Mitte 2013 bewegten sich fast alle Zinsen für Staatsanleihen der Eurozone parallel weiter nach unten (Abb. 18930). Dieser stetige Trend dauerte unverändert an, wobei der starke Anstieg der Zinsen bei Griechenland ab September 2014 keinerlei erkennbaren Einfluß hatte. Das wird auch deutlich an der letzten Periode ab April 2015, in der die Zinsen für die Bundesanleihen wieder steigen, obwohl das Risiko bei Griechenland nicht zurückgegangen ist.
Auslöser der Zinssenkung für Bundesanleihen ist also die Politik der EZB, die niedrige Zinsen haben will, damit die Wirtschaft in der Eurozone anspringt. Nur am Anfang der Griechenlandkrise läßt sich ein direkter Einfluß auf den Zins der Bundesanleihen feststellen, während später die EZB den Zins in der Eurozone bestimmte und dabei auf die wirtschaftliche Gesamtsituation der Eurozone reagierte, und ebenso die konservative Haushaltspolitik der Bundesregierung den Zins für Bundesanleihen niedrig hielt. Den Preis dieser Politik der EZB zahlen übrigens gerade die Sparer in Deutschland mit real negativen Zinsen auf normale Sparbuchkonten und andere Zinsverluste, die weit über die Zinsersparnisse der Bundesregierung hinausgehen. Den Vorteil wiederum haben die Schulder, die mehrheitlich in den Krisenländern, auch in Griechenland, leben.
* * * * *
1. Löhne/Arbeitsplätze/Euro
Die seit etwa dem Jahr 2000 verstärkt einsetzende weltwirtschaftliche Integration Osteuropas und vor allem der großen Mega-Schwellenländer China und Indien mit einer Bevölkerung von zusammen ca. 2,7 Milliarden Menschen hat das Verhältnis von Kapital und Arbeit in der Welt grundsätzlich und für sehr lange Zeiten geändert, weil gleichzeitig durch die neoliberale Globalisierung die Zölle und der handelspolitische Schutz gegen unfaires Dumping fast total abgebaut wurden. So hat sich nach Schätzungen von Harvard-Professor Richard Freeman in nur wenigen Jahren die Zahl der Arbeitskräfte im globalisierten Wirtschaftssystem von 1,46 Milliarden auf 2,93 Milliarden verdoppelt, ohne daß das über Investitionen nach Arbeit suchende Kapital (im Unterschied zum Spekulationskapital) entsprechend zunahm. Mehr als die Hälfte der Zunahme an Arbeitskräften und wahrscheinlich 80 % der exportrelevanten Arbeitskraft entfällt dabei allein auf China.
Besonders China hat äußerst niedrige Arbeitskosten und kann zudem mit der Ausbeutung seiner extrem niedrig entlohnten etwa 250 Millionen Wanderarbeitnehmer immer mehr Industrieproduktion aus der Welt an sich ziehen und zugleich in den alten Industrieländern die Löhne unter Druck setzen. In China gibt es nur die Staatsgewerkschaften, die sich mehr für die Unternehmensleitungen einsetzen als die Rechte der Arbeitnehmer. Das Streikrecht ist nicht anerkannt, so daß nur wilde Streiks stattfinden können. Die Sozialversicherung ist bisher trotz aller Pläne nur rudimentär, so daß die Arbeitnehmer für alle Schicksalslagen sparen müssen. Auch das verbilligt den Produktionsfaktor Arbeit. Dazu gibt es viele Formen von Subventionen über das staatliche Bankensystem und eine manipulierte, nicht frei konvertierbare Währung. Die Mogelpackung von privater Marktwirtschaft im chinesischen Staatskapitalismus wird seit 2001 handelspolitisch wie eine perfekte Marktwirtschaft behandelt.
Über die vergangenen 35 Jahre haben sich die Importe der fortgeschrittenen Industrieländer nach Bereinigung um die Preisentwicklung versechsfacht und steigen weiter steil an, der deutlichste Ausdruck der ohne Rücksicht auf die enormen sozialen Verwerfungen fortschreitenden neoliberaler Globalisierung (Abb. 18924). Es ist eine total ungesunde Entwicklung, weil bei den einen Ländern, vor allem Deutschland und China, immer mehr Überschüsse aufgefahren werden und bei den anderen immer höhere Schulden der Regierungen und Haushalte (Abb. 18925), die sich in schweren Krisen entladen müssen, zumal die neoliberal entfesselten spekulativen Kapitalströme ihr zusätzliches Unheil treiben.
In der Folge der neoliberalen Globalisierung und verstärkt durch fortschreitende Rationalisierung sind die Löhne in den alten Industrieländern unter erheblichen Druck geraten, während die Einkommen aus Unternehmertätigkeit erheblich gestiegen sind. Auch in Deutschland hat die Globalisierung derart eingeschlagen, was der Fall der Lohnquote seit den 70er Jahren zeigt (Abb. 14636) aber auch die unterschiedliche Entwicklung der Einkommen und das Zurückbleiben der Löhne weit hinter der Produktivitätsentwicklung (Abb. 18926). Die deutsche Politik hat sich beim Abbau von Sozialleistungen, bei Steuervergünstigungen für Unternehmen und Spitzenverdiener und bei der Liberalisierung des Arbeitsmarktes immer wieder hinter den Zwängen aus der Globalisierung versteckt, obwohl gerade sie diese Globalisierung mitangeführt hat.
Schlimmer noch sind die heutigen Euro-Krisenländer, vor allem Italien und Spanien, dran. Deren traditionelle Produktion wurde teilweise von billigeren Produkten der Schwellenländer verdrängt. Sie konnten wegen des Euros nicht abwerten, um so wettbewerbsfähig zu bleiben. Und sie konnten das auch nicht gegenüber der aggressiven deutschen Konkurrenz tun, die teilweise auf den in Deutschland nach den Hartz-Gesetzen grassierenden Niedriglohnsektoren beruhte. In diesem Sinne ist der Euro selbst ein gewaltiges Unternehmen in neoliberaler Globalisierung im Interesse des Kapitals. Er wurde den Menschen vom Establishment ihrer Länder auferlegt, ohne sie zu fragen und ohne auf die durchaus absehbaren Gefahren hinzuweisen.Besonders negativ betroffen sind die südlichen Regionen von Italien und Spanien. Hier grassieren wirtschaftliche Flaute und Arbeitslosigkeit, wobei die Effekte der Globalisierung und der Eurokrise zusammenkommen. Im Süden Italiens sind die Arbeitslosenquoten auf um 22 % gestiegen (Abb. 18918). Noch schlimmer und viel schlimmer als in Griechenland steht es um die Arbeitslosigkeit in vielen Regionen Spaniens mit Quoten bis zu 35 % (Abb. 18917). Insgesamt leben allein in den erwähnten, besonders benachteiligten Regionen Italiens und Spaniens 6,3 Mio. Arbeitslose (das 5-Fache der Zahl griechischer Arbeitsloser).
2. Umwelt/Gesundheit
Die Globalisierung mit der häufigen Standortwahl für die Industrieansiedelung an den Plätzen mit den geringsten Auflagen zum Schutz der Umwelt hat sehr zur globalen Belastung der Umwelt und der Menschen durch Umweltgifte beigetragen. Das gilt z.B. für das Auswandern von energieintensiven Industrien in Länder mit billiger, dafür aber auf Basis Kohle und hoher CO2-Emissionen besonders schmutziger Energieversorgung, wie in China. Besonders gefährliche Umweltschadstoffe, wie bestimmte Pestizide, wurden in den hochentwickelten Industrieländern verboten, kommen aber mit landwirtschaftlichen Produkten der Schwellenländer zurück.
Die Globalisierung schädigt in den entwickelten Industrieländern über den höheren Arbeitsdruck und Streßlevel, den sie durch die unfaire Konkurrenz mit niedrigstentlohnten und nicht gewerkschaftlich geschützten Arbeitskräften der Schwellenländer auslöst, die Gesundheit der Arbeitnehmer erheblich. Streßbedingte Krankheiten, wie Depressionen, nehmen auch aus diesem Grund (neben anderen Gründen) enorm zu. Bereits heute leiden nach Feststellung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an Depression weltweit rund 350 Millionen Menschen; im Jahr 2030 wird die Depression in den Industrienationen die häufigste Krankheit sein. Die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage wegen psychischer Erkrankungen hat sich in Deutschland seit Beginn des Jahrtausends bereits mehr als verdoppelt, die Krankenhausentlassungen nach Diagnose von psychischen und Verhaltensstörungen um 60 % zugenommen (Abb. 14792, 18923). Betroffen sind vor allem Frauen, die unter dem Spagat von Familie und Beruf leiden, Menschen mit niedrigem sozio-ökonomischem Status (Abb. 17293) und Arbeitslose (unter den Hartz-4 Beziehern, die bei der AOK versichert sind, lag der Anteil derer mit einer psychiatrischen Diagnose 2011 innerhalb eines Jahres bei 40 %).
Dabei treffen neurologische Krankheiten, wie Demenz, nun zunehmend Jahrgänge im Vorrentenalter und sind nicht mehr nur Alterskrankheiten. Experten, wie Prof. Colin Pritchard, haben diese Entwicklung untersucht und gefunden, daß beispielsweise Demenz etwa 10 Jahre früher als vor 20 Jahren, also teilweise schon bei Menschen unter 55 Jahren, ausbricht. Da dies nicht mit genetischen Entwicklungen oder dem Umstand einer längeren Lebenserwartung zusammenhängen kann, werden Umweltfaktoren und Entwicklungen im Lebensstil verantwortlich gemacht. Frauen sind besonders betroffen: In Großbritannien z.B. stieg die Todesrate im Bereich neurologischer Erkrankungen zwischen 1979 und 2010 bei Frauen um 48 % gegenüber 32 % bei Männern, wobei sich der Lebensstil der Frauen durch die stärkere Berufstätigkeit mehr verändert hat als der der Männer. Auch diese Veränderung geht teilweise auf die Globalisierung zurück, weil Doppelarbeit beider Eltern bei gleichzeitiger Kindererziehung schon wegen der globalisierungsbedingt stagnierenden Löhne unvermeidbar geworden ist und Frauen davon mehr als Männer belastet werden. Wissenschaftler sprechen bereits von einer versteckten Epidemie neurologischer Erkrankungen.
Die unsozialen Auswirkungen der Globalisierung sind natürlich nur ein Faktor hinter den psychischen und neurologischen Erkrankungen und doch einer, der nicht übersehen werden darf.
3. Migration und kultureller Einheitsbrei
Die gleichen Kräfte, die die neoliberale Globalisierung im Bereich des Verkehrs von Waren und Dienstleistungen betreiben, drängen auch auf mehr Migration ohne Rücksicht auf die Integrationsfähigkeit in den Aufnahmeländern. Für die heimischen Industrien bedeutet das den Zustrom besonders billiger Arbeitskräfte, wobei die Kosten mangelnder Integrationsfähigkeit auf die Gesellschaft abgewälzt werden, wie in anderen Globalisierungsbereichen auch. Bezeichnend ist in dieser Hinsicht eine Erklärung von Peter Sutherland vor dem britischen House of Lords im Juni 2012. Sutherland ist ein absoluter Großmeister der neoliberalen Globalisierung, wie auch seine damaligen und früheren Positionen ausweisen: EU-Kommissar für Wettbewerbspolitik, Generaldirektor der Welthandelsorganisation (der US-Handelsminister nannte ihn damals den „Vater der Globalisierung“), Vorsitzender von Goldman Sachs International, Vorsitzender von BP, Vorsitzender der London School of Economics, Vorsitzender des Globalen Forums für Migration und Entwicklung, Sonderbotschafter der UN für Migration und Teilnehmer an den Bilderberg Konferenzen. Er erklärte:
„Der künftige Wohlstand der EU-Mitglieder hängt davon ab, daß sie multikulturell werden. Die Migration hat eine entscheidende Dynamik für wirtschaftliches Wachstum. Eine alternde und rückläufige heimische Bevölkerung in Ländern, wie Deutschland oder südlichen EU-Ländern, ist ein Schlüsselargument und – ich zögere, das Wort zu gebrauchen, weil es angegriffen wird – für die Entwicklung „multikultureller“ Länder. Es ist unmöglich zu erwägen, daß der derzeitige Grad an Homogenität überleben könnte, denn Staaten müssen offenere Staaten werden im Sinne der Menschen, die in ihnen leben. Die EU muß ihr Bestes tun, um die Homogenität der Mitgliedsländer zu unterminieren und multikulturelle Staaten in Europa zu schaffen, wie schwer es auch immer sein mag, das den Menschen zu erklären.“
Hier zeigt sich aus höchstberufenem Munde überdeutlich, wie Migration nicht nur von den aus wirtschaftlichen Gründen Emigrierenden selbst betrieben wird, sondern bewußt auch eine Stoßrichtung des global orientierten Establishments und Kapitals geworden ist, das in seinen feinen Vierteln weit entfernt von den Brennpunkten der Multikultur und deren Belastungen lebt. Es ist eine Politik, die – so Sutherland – notfalls selbst dann durchgesetzt werden muß, wenn man ihre Weisheit den Menschen nicht erklären kann, also gegen ihre demokratischen Rechte, wie auch sonst immer bei den vielen Globalisierungsschritten. Das Flüchtlingsdrama im Mittelmeer und die demographische Entwicklung in Deutschland werden von den deutschen Medien bereits aggressiv benutzt, um sich nachdrücklich für mehr Immigration, auch und gerade von Wirtschaftsflüchtlingen, ohne Rücksicht auf deren Integrationsfähigkeit einzusetzen.
Im kulturellen Bereich führt die zunehmende Globalisierung der Medien und sogenannten Kulturgüter ebenso zu einem Verlust an nationaler Homogenität. Die USA dominieren nach einer Übersicht der UNESCO die weltweite Produktion und den Handel mit Kulturgütern. Dieser Handel hat sich über die achtziger und neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts etwa vervierfacht und nimmt weiter zu. Zum ersten Mal überholten schon 1996 Kulturgüter die klassischen amerikanischen Exportprodukte, wie Kraftfahrzeuge, Agrargüter, Flugzeuge oder Rüstungsgüter. Unter den 14 weltführenden Medienunternehmen sind 11 mit einem Anteil von 86 % amerikanische (Abb. 18920). Gleichzeitig beherrschen die USA die Technologien, die hinter der Verbreitung von Kulturgütern stehen, vor allem das Internet und das Satellitenfernsehen. Von den vierzehn Top-Internetunternehmen sollen dreizehn amerikanische sein, das vierzehnte britisch. Amerikanische Unternehmen führen mit Abstand im Export von Telekommunikations- und Informationsdiensten (Abb. 18922, 18921).
Auch auf diese Weise führt die Globalisierung zu einem schädlichen kulturellen Einheitsbrei, in dem sich immer mehr Menschen heimatlos fühlen. Die Stärke Europas liegt – anders als in USA – in seiner historisch gewachsenen kulturellen Vielfalt. Diese Kultur zu bewahren, ist auch ohne Globalisierung schwer genug.
4. Privatisierung/TTIP
Es gibt noch einen weiteren Hebel, mit dem die Globalisierung erhebliche Schäden verursacht. Sie baut auf einer Präferenz für die Privatisierung auch von Bereichen der einst oder bisher staatlichen Daseinsvorsorge auf, die in Kerneuropa traditionell zu den staatlichen Aufgaben gehörten. Begünstigt werden davon vor allem global operierende Multis. Damit wird der Einfluß der Bürger auf wichtige Infrastrukturen in ihrem direkten Umfeld stark beschnitten und nach den zahlreich vorliegenden Erfahrungen die Versorgung verteuert. Zu den Kosten kommt so noch ein Verlust an demokratischen Rechten.
Beim noch anhaltenden Tauziehen um das derzeit verhandelte transatlantische Abkommen TTIP geht es nicht zuletzt um die Rechte privater multinationaler Investoren und deren Durchsetzung vor oft parteiischen Schiedsgerichten statt vor den normalen staatlichen Gerichten.
5. Immer mehr Verantwortungstransfer auf bürgerferne Machtstrukturen
Eine der schlimmsten Verwüstungen erzeugt die neoliberale Globalisierung in Bereich unserer politischen Kultur. Im Kaiserreich und dann vor allem dem „Dritten Reich“ hatten die Deutschen schlechte Erfahrungen mit dem Zentralstaat gemacht. Die föderale Struktur der Bundesrepublik sollte Verwaltung und Regierung näher an den Bürger bringen und tat das auch sehr erfolgreich. Wir haben ein System, das zwar gelegentlich schwerfällig sein mag, aber dafür näher am Bürger ist und auf maximalen Konsens in der Meinungsbildung zwischen Bund und Ländern abstellt.
Genau an dieser Stelle treibt jedoch die Globalisierung mit der Präferenz für globale Institutionen ihr Unwesen. Immer mehr Verantwortung wurde auf nicht demokratisch kontrollierte oder kontrollierbare Institutionen, wie die EU-Kommission, die EZB oder den Europäischen Gerichtshof und auf noch globalere Organisationen, wie die Welthandelsorganisation, übertragen. Zuletzt wurde auch noch die Bankenaufsicht zur EZB verschoben. Schon träumen sich einige Politiker, vor allem in Frankreich, eine europäische Wirtschaftsregierung herbei. Man redet uns ein, daß nur eine starke EU in der Welt mitreden könne, daß nur starke Zentralinstitutionen den Euro am Leben halten könnten. Dabei haben die Menschen, um die es ja immer noch gehen sollte, längst das Vertrauen in diese Strukturen, auf die sie kaum Einfluß haben, verloren. Viele gehen auch deshalb nicht mehr wählen (Abb. 18577). An dieser Stelle droht nun eine der schlimmsten Verwüstungen aus der neoliberalen Globalisierung.
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Die Politik findet auf diese Probleme keine Antworten und verdrängt sie deshalb. Leider ist auch das linke Spektrum der deutschen Politik in dieser Hinsicht – von TTIP abgesehen – ziemlich taub oder trägt sogar zur Verdummung bei, wie Albrecht Müller mit seinen Nachdenkseiten, auf deren Webseite man heute noch den die neoliberale Globalisierung stark verharmlosenden Auszug aus seinem Buch lesen kann:
„Auswüchse und Marktversagen sind jedoch kein Grund, aus der Globalisierung ein hochdramatisches Thema machen. Eine kluge Politik würde gegen diese Stimmungsmache angehen, statt sie mitzumachen und mit dem gängigen „Alles-ist-neu-Gerede“ noch zu verschärfen. Die Globalisierung ist nicht neu. Sie erfordert als Antwort auch nichts grundsätzlich Neues.“
Solchen Kräften und ihren naiven Anhängern, die praktisch das Geschäft der neoliberalen Globalisierer und der dahinter stehenden Kapitalinteressen betreiben, ist wirklich nicht zu helfen.
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Die Eurozone ist in 177 Regionen aufgeteilt worden. 36 davon hatten nach den letzten Daten für 2011 ein verfügbares Pro-Kopf-Einkommen in Kaufkrafteinheiten zwischen 4.300 und 14.200 Euro. Bei den übrigen Regionen lag es dagegen zwischen 14.200 und 23.800 Euro. Die meisten der auf niedrigem Niveau dahin kümmernden Regionen liegen im Süden der Eurozone in Spanien, Italien, Portugal und Griechenland, eine Art von Mezzo Giorno für die gesamte Zone (Abb. 18911). Sie sind der Sprengstoff, der die vier Länder ökonomisch und sozial nach unten zieht und damit die Eurozone auseinander treibt.
Italien ist das beste Beispiel. Im Norden in der Lombardei (mit Mailand), Südtirol, Emilia-Romagna (mit Bologna), Piemont (mit Turin), Venedig und Triest lebt mehr als 40 % der italienischen Bevölkerung mit einem verfügbaren Einkommen von rund 18.750 Euro (2011). Die Menschen in den vier Provinzen des Südens Campanula, Sizilien, Pulli und Calabria mit 28 % der italienischen Bevölkerung bringen es dagegen im Durchschnitt nur auf 11.500 Euro oder 39 % weniger als die im Norden (Abb. 18914). Ähnlich ist das Gefälle in der Wirtschaftsleistung pro Kopf (Abb. 18913). In der Lombardei liegt die Wirtschaftsleistung auf mehr als dem Doppelten des Südens.
Die Südhälfte Italiens erzielte in 13 Jahren seit 2000 nur ein mageres Wachstum von 13 %. Das zog das gesamt Wachstum Italiens auf nur 20 % herunter gegenüber einem fast doppelt so starken Zuwachs im Durchschnitt der Eurozone von 37 %. Aus gleichem Grund türmte Italien die weitaus höchsten Staatsschulden in der Eurozone auf. Im Süden Italiens gilt jede dritte Familie als arm, im Norden ist es nur jede zehnte. Die Armutsquote in Sizilien ist viermal höher als in Südtirol (Abb. 18915). Auch 2014 fiel die Wirtschaftsleistung pro Einwohner im Süden des Landes. Sie liegt jetzt nur noch bei 64 % des italienischen Durchschnitts. Ähnlich verhält es sich mit den Einkommen und den Konsumausgaben. Die Beschäftigung sackte im Süden auf den tiefsten Stand seit 1977, weiter zurück reicht die Statistik nicht. Dabei sind die Arbeitslosenquoten im Süden Italiens ähnlich wie in Griechenland gestiegen und steigen weiter (Abb. 19916).
Noch viel schlimmer als in Griechenland steht es um die Arbeitslosigkeit in vielen Regionen Spaniens mit Quoten bis zu 35 % (Abb. 18917).
Insgesamt leben in den erwähnten besonders benachteiligte Regionen Italiens und Spaniens 6,3 Mio. Arbeitslose gegenüber 1,3 Mio. in ganz Griechenland. In diesem Sinne ist Griechenland überall im Mezzo Giorno der Eurozone. Die Transferkraft innerhalb der betroffenen Länder sowie Integrität und Effizienz der Verwaltungsstrukturen sind offensichtlich nicht geeignet, die Verhältnisse zu ändern. Nach Ende des kreditfinanzierten Booms, der den vier Ländern ein künstliches Wachstum bescherte, zeigt sich die traurige Wahrheit noch deutlicher: Der Abstand zu den Nordlichtern ist wieder so groß wie am Anfang des Euros, bei Italien und Griechenland sogar noch viel größer (Abb. 18912). Starke Regionalbewegungen in Spanien und Italien arbeiten bereits auf Abspaltung von ihren Heimatländern hin.
Solange es keine dauerhafte Transferunion aus dem Norden der Eurozone gibt, drohen diese Verhältnisse die Eurozone zu sprengen und nicht nur Griechenland abzuspalten. Doch zu einem „Mezzo Giorno-Soli“ sind die Steuerbürger des Nordens der Eurozone nicht bereit. Ob er helfen würde, wäre durchaus fraglich. Schon in Deutschland fällt es nach Jahrzehnten deutscher Einheit schwer, die neuen Bundesländer selbst mit Soli auf das Niveau des Westens zu bringen. Am Ende wird sich die Eurozone geordnet auflösen müssen. Italien, Spanien, Portugal und Griechenland brauchen eigene Währungen, die sich angemessen abwerten lassen und die es ihnen erlauben, auch ihren jeweiligen Mezzo Giorno mitzuziehen. Wer jetzt unbedingt Griechenland in der Eurozone halten will, vergißt oder verdrängt, daß es längst nicht mehr nur um dieses Land geht.
Die in Deutschland grassierende Illusion vom Segen eines Einwanderungsgesetzes
Durch Deutschland geistert eine Illusion mit dem Namen „Einwanderungsgesetz“. Die erschreckenden neuen Schätzungen der UN über die Bevölkerungsentwicklung in Afrika befördern diese Illusion wohlmeinender, aber denkbar schlecht informierter Menschen in Deutschland. So schreibt der frühere Herausgeber der ZEIT Theo Sommer heute in einem Kommentar:
„Kein Zweifel: Alle Probleme Afrikas werden durch diese demografische Explosion gewaltig verschärft werden. Da nicht zu erwarten ist, daß sich die Regierungsführung in den 54 Staaten des Schwarzen Kontinents im nötigen Tempo verbessern wird, läßt die Voraussage des früheren französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy keinen Zweifel zu: Der Auswanderungsdruck wird unhaltbar wachsen. Wir Europäer müssen uns auf einiges gefasst machen.
Die bittere Wahrheit ist: Wir können nicht alle abweisen, aber wir können eben auch nicht alle aufnehmen. Ein Stück weit müssen wir unsere Tore öffnen für Menschen, die Krieg und Bürgerkrieg entkommen wollen, Elend und Umweltzerstörung, dem Terror ethnischer oder religiöser Konflikte und der Unbill leerer Mägen. Dafür brauchen wir ein Einwanderungsgesetz.“
Auch die deutsche Industrie meint, mit mehr Einwanderung auf der Basis einer per Gesetz geregelten Selektion jedenfalls teilweise die schweren Ausfälle in der deutschen Geburtenrate kompensieren zu können.
Doch die Idee von einer selektiven Einwanderungspolitik per Gesetz baut auf einer doppelten Illusion auf. Erstens wird unterstellt, daß die Zahl derer, die man aufnehmen kann, und die derer, die man abweisen muß, in einem vernünftigen Verhältnis bleibt. Wenn erst einmal Millionen auf dem Anmarsch aus Afrika sind, macht jeder Versuch einer Selektion keinen Sinn mehr. Ohnehin ist es kaum möglich, zuverlässig abzuschätzen, wer von den Wirtschaftsflüchtlingen integrierbar ist und wer nicht. Machte man es unter Mitberücksichtigung der Religion und unterstellte man dabei, daß muslimische Immigranten schwerer in unsere christlich geprägte Kultur integrierbar sind als solche aus christlichen Ländern Afrikas, so gäbe es einen Aufstand mit dem Vorwurf unzulässiger religiöser Diskriminierung. Würde sich herausstellen, daß viele der für integrierbar Gehaltenen es am Ende doch nicht sind, so würde die deutsche Industrie diese schnell der Arbeitslosigkeit und den Sozialhilfen überlassen und statt dessen noch mehr in Osteuropa und Asien investieren, um die dortige relativ billige und dennoch qualifizierte Arbeitskraft auszunützen.
Der andere Teil dieser Illusion ist noch viel gravierender. Man selektiert und vergißt dabei, daß jeder der Glücklichen sofort seinen großen Familien- und Freundeskreis zu Hause auffordert, nachzukommen. Man vergißt auch eine andere wichtige Mechanik der Immigration, die der Migrationsforscher Paul Collier, Professor in Oxford, herausgearbeitet hat: Je größer die Diaspora der schon aus einem bestimmten Land und Kulturkreis Angekommenen, desto größer der Sog auf die noch nicht Ausgewanderten derselben Herkunft und desto schwerer die Integration in Deutschland, weil man in einer großen Diaspora von Immigranten seine Sprache, Bekleidungs-, Eß- und andere Lebensgewohnheiten, Sitten, Kulturen und Familienstrukturen (oft zum Nachteil der Frauen) weiter pflegen kann, ohne sich integrieren zu müssen. Das gilt umso mehr für Deutschland, weil hier – anders als im englischen Sprachraum – die Sprachhürde besonders hoch ist. Je größer die Diaspora, desto mehr Immigranten bleiben daher in dieser hängen, was das Wachstum der Diaspora zusätzlich beschleunigt. Da wachsen am Ende schwer verdauliche Parallelgesellschaften auf, wie man sie schon von türkisch geprägten Stadtvierteln in deutschen Großstädten kennt. Schon jetzt haben bei den Unter-Dreijährigen viele Großstädte Mehrheiten mit Migrationshintergrund (Abb. 18099).
Besonders steil wachsen die Bevölkerungen und damit das Emigrationspotenzial in vielen Ländern des Europa benachbarten und nur durch das Mittelmeer getrennten afrikanischen Kontinents. In weiten Teilen Afrikas wird sich die Bevölkerung über die nächsten nur 35 Jahre mehr als verdoppeln, während sie in Deutschland trotz angenommener erheblicher Zuwanderung um 8 % fallen soll (Abb. 18689).
Die Hälfte des Zuwachses der Weltbevölkerung bis zum Ende des Jahrhunderts wird auf Afrika entfallen. Dessen Bevölkerungszahl wird sich bis dahin beinahe vervierfachen – auf über vier Milliarden, 25 Prozent der Weltbevölkerung zur Jahrhundertmitte, 39 Prozent zur Jahrhundertende. In Angola, Burundi, der Republik Kongo, Malawi, Mali, Niger, Somalia, Uganda, Sambia und Tansania verfünffacht sich die Einwohnerschaft. Das mehrheitlich muslimische Nigeria wird nach Indien und China mit 399 Millionen Menschen das drittbevölkerungsreichste Land der Erde sein, vor den USA mit 389 Millionen.
Bei solchen Entwicklungen ist mit dort erheblich wachsender Arbeitslosigkeit zu rechnen, von der schon jetzt viele Länder geplagt werden. In Nordafrika lag die Arbeitslosenrate 2012 nach Feststellungen der ILO bei 10,3 %, eine der höchsten aller Regionen, und in mehreren Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens noch erheblich darüber (Abb. 18690). Unter männlichen Jugendlichen Nordafrikas war sie mehr als dreimal so hoch wie unter männlichen Erwachsenen, unter weiblichen sogar mehr als sechsmal. Fast 20 % der Arbeitnehmer in Nordafrika müssen mit ihren Familien von weniger als 2 $/Tag leben.
Ein großer Teil der aus Afrika zu erwartenden Immigration wird einen muslimischen Hintergrund haben, weil in diesen Ländern die Geburtenrate besonders hoch ist. Weltweit haben Muslime mit 3,1 Kindern pro Frau die höchste Fruchtbarkeitsrate und schon jetzt mit 34 % den höchsten Anteil von Menschen unter 15 Jahren (Abb. 18750). Weltweit steigt die muslimische Bevölkerung weit stärker als die christliche und wird die christliche in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts überholen. Für Deutschland wird erwartet, daß sich der muslimische Anteil an der Bevölkerung von 5,8 % auf 10 % fast verdoppeln wird, wobei eine normale und nicht amtlich beförderte Immigration unterstellt wird (Abb. 18751).
Wie niedrig das berufliche Bildungsniveau eines sehr großen Teils der Migranten derzeit ist, zeigen amtliche Statistiken des Statistischen Bundesamts aus dem Mikrozensus von 2012. Sie werden von den deutschen Medien regelmäßig zur Seite gelegt, um unbedingt politisch korrekt zu sein. Doch sind sie schlicht erschreckend. Migranten haben nur zu 42,5 % bei den Männern, bzw. 38,8 % bei den Frauen einen berufsqualifizierenden Bildungsabschluß, verglichen mit 72,5 %, bzw. 65,0 % bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Bei den Frauen ist der Anteil also geradezu dramatisch niedriger. Das hängt mit den besonders niedrigen Anteilen der weitaus größten Migrantengruppe mit türkischem Hintergrund zusammen, wo die Anteile nur bei 26,6 %, bzw. 17,9 % liegen (Abb. 18738, 18739). Der Anteil bei türkischen Männern beträgt also nur wenig mehr als ein Drittel dessen bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund, bei den türkischen Frauen ist es wenig mehr als ein Viertel.
Die sozialen Konsequenzen mit hoher Arbeitslosigkeit, viel geringfügiger Beschäftigung und einem hohen Hartz-4-Anteil bleiben schon jetzt nicht aus. Während 45,0 % der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund überwiegend von einem Arbeitseinkommen lebt, sind es bei Menschen mit Migrationshintergrund nur 39,2 % bei einem Hintergrund in der Türkei 33,1 % und bei einem in Afrika sogar nur 32,2 %; entsprechend größer ist der Anteil derer, die überwiegend von öffentlicher Unterstützung leben, und zwar von 5,0 % für Menschen ohne Migrationshintergrund bis 13,2 % für einen in der Türkei und sogar 18,3 % in Afrika, also fast dreimal bis fast viermal so hoch (Abb. 18747).
Wenn die Integration schon jetzt so schwer fällt und auch das unzureichende deutsche Schulsystem kaum etwas daran ändern kann, kann man sich vorstellen, wie unbegründet die Illusion vom alles regelnden Einwanderungsgesetz vor dem Hintergrund der Bevölkerungsprognosen wird. Deutschland ist schon jetzt das bei Weitem beliebteste Einwanderungsland in Europa (Abb. 18910). Die Schleusen ein bißchen aufzumachen, wie Theo Sommer empfielt, heißt praktisch, sie am Ende – schon wegen des starken Wachstums der Diasporen (siehe oben) – nicht mehr schließen zu können. Und wer glaubt, daß die so zu erheblichen Anteilen an der Gesamtgesellschaft gekommene Zahl an Menschen mit Migrationshintergrund bereit wäre, für die Renten der zunehmenden Zahl deutscher Rentner aufzukommen, hegt nur eine weitere Illusion.
Am Ende wird nur eine klare Unterscheidung, zwischen in ihrer Existenz gefährdeten politischen Flüchtlingen und den anderen, die aus wirtschaftlichen Gründen zu uns kommen wollen, helfen. Für den Nachwuchs werden die Deutschen selbst sorgen müssen.
Auch Jeffrey Sachs‘ „Tod durch Schulden“ wird der griechischen Krise nicht gerecht
Nachdem nun Viele von jenseits des Teiches von Krugmann bis Stiglitz auf die deutsche Krisenpolitik bei Griechenland eindreschen und die deutschen bürgerlichen Medien als immer bereite Verstärker dieser Kritik wirken, kann auch Jeffrey Sachs nicht länger zurückstehen und so schreibt er unter dem reißerischen Titel „Tod durch Schulden“ in der Süddeutschen Zeitung noch heftiger gegen diese Politik an, erinnert natürlich an das Dritte Reich und macht Deutschland schon jetzt für den Verlust der Demokratie in Griechenland verantwortlich. Besonders die Erinnerung an die deutsche Vergangenheit wird bei einigen amerikanischen Professoren mit großem Namen und ähnlichem Hintergrund wie Sachs zur immer größeren Keule gegen die deutsche Politik, wobei sie sich bewußt sind, daß Deutschland mit seiner Vergangenheit besonders verletzlich ist und auch die Mehrheit der Deutschen so am stärksten zu beeindrucken ist.
Um es vorrauszuschicken: Ich bin für einen totalen Schuldenschnitt bei Griechenland, allerdings unter der Bedingung, daß vorher dem deutschen Steuerzahler erklärt wird, wie hoch der dann einzuführende Griechenland-Soli sein wird. Das ist ein Gebot der Ehrlichkeit, vor dem sich bisher alle Befürworter eines Schuldenschnitts in Deutschland drücken, um ihre Anhänger nicht zu verunsichern. Zur Ehrlichkeit gehört auch, daß man den deutschen Steuerzahler über das Wiederholungsrisiko genau aufklärt, daß nämlich ein noch viel größerer Soli fällig würde, wenn Italien und Spanien ihre gewaltigen Staats- und Bankenschulden (derzeit etwa 11 Billionen Euro oder fast 20 Jahre alle deutschen Steuereinnahmen) teilweise nicht mehr bezahlen können und Gleichbehandlung mit Griechenland verlangen.
Ich bin für den totalen Schuldenschnitt, weil Griechenland diese Schulden ohnehin nie zurückzahlen wird und seine mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und sozialen Ungerechtigkeiten immer nur auf die Verschuldung schieben würde. Ich bin dagegen nicht für den Schuldenschnitt, weil ich wie Jeffrey Sachs glauben würde, daß Griechenland dann bei Verbleib im Euro zu einem zweiten polnischen Wirtschaftswunder aufblühen würde. Originaltext Jeffrey Sachs:
„Ich war damals als Wirtschaftsberater in Polen und habe darauf gedrungen, dass die G-7-Staaten Polen einen Schuldenerlass gewähren. Die USA haben schnell und klug gehandelt, und die anderen G-7-Staaten sind dem Beispiel schnell gefolgt, Deutschland als letztes. Danach florierten Wirtschaft und Demokratie.“
Die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse sowie Verwaltungsstrukturen in Polen und Griechenland lassen sich in keiner Weise vergleichen. Wer dies wie Jeffrey Sachs versucht, betreibt nichts Anderes als Dummenfang. Polen hatte Schulden nur wegen seines unfähigen kommunistischen Systems aufgehäuft, nach dessen Beseitigung und Streichung der Schulden konnte es nur noch aufwärts gehen. Seit dem Jahr 2000 konnte es durch Produktivitätsgewinn, mäßige Lohnentwicklung und Währungsanpassung seine für den internationalen Wettbewerb entscheidenden Stücklohnkosten um 29 % senken, während die von Griechenland um 30 % gestiegen sind (Abb. 18907). Die Arbeitskosten pro Stunde lagen im vergangenen Jahr in Griechenland fast doppelt so hoch wie in Polen (Abb. 18908). Polen exportiert denn auch pro Kopf drei Viertel mehr als Griechenland. Bei solchen Verhältnissen ändert ein Erlaß der derzeit ohnehin nicht besonders drückenden Schulden (siehe unten) an der griechischen Misere sehr wenig.
Auch die Behauptung, die einen Schuldenschnitt für Rußland unter Jelzin seinerzeit ablehnende westliche Haltung hätte letztlich eine nationalistische Gegenreaktion unter Putin befördert, ist ziemlich geschichtslos. Jelzin war korrupt und verscherbelte, vor allem unter Druck aus USA (Jeffrey Sachs war Berater von Jelzin), das Staatseigentum an die Oligarchen. Das und die sich damit fortsetzende Krise führte zu seinem Sturz, nicht der ausstehende Schuldenerlaß, wie Sachs meint.
Auch sonst holt Sachs alles aus der historischen Kiste, was schlecht zusammenpaßt. So sei der Nationalsozialismus in Deutschland an die Macht gekommen, weil die Schulden zu spät erlassen worden seien. Griechenland durchlebe eine ökonomische Krise, die nicht weniger dramatisch sei als die Krise, die Deutschland zwischen 1930 und 1932 erlebt habe. Doch hat Griechenland heute wegen der Zinsverzichte und Stundungen seiner öffentlichen Gläubiger nur noch eine Zinslast von etwa 2 % des BIP und damit viel niedriger als in anderen Krisenländern (Abb. 18898).
Die Lasten des Deutschen Reiches aus Versailles waren wesentlich höher und hätten dennoch allein den Nationalsozialismus nicht an die Macht gebracht. Dazu brauchte es eine in der gesamten Welt nie dagewesene und in Griechenland heute fehlende dramatische Hyperinflation mit der fast totalen wirtschaftlichen Ausblutung des Mittelstandes. Auch sonst ist die Lage mit dem Deutschen Reich von 1932 schlecht vergleichbar. Dort reduzierten sich die Einkommen der Lohn- und Gehaltsempfänger wie auch der Unternehmer allein zwischen 1928 und 1932 um nahezu 40 %. In Griechenland sind die Löhne und Gehälter zuletzt bis zum ersten Quartal 2015 wieder leicht gestiegen und liegen nun etwa auf dem nominalen Niveau von 2004. Die deutsche Arbeitslosenquote gipfelte 1932 bei rund 44% der erwerbsfähigen Bevölkerung, während sie in Griechenland bei 26 % liegt. Der Vergleich mit der Vorgeschichte des Dritten Reiches soll die deutschen Leser beeindrucken, ist aber dennoch weit hergeholt. In demokratischer Hinsicht wollen die Griechen die Demokratie behalten und im Euro bleiben. In Deutschland waren seinerzeit weit finstere Kräfte im Anmarsch.
Sachs erhebt den unbegründeten Vorwurf, die Griechenland-Politik Deutschlands und der EU sei seit der Krise von dem Bedürfnis geprägt gewesen, Athen zu „bestrafen“. Dabei hätten sich die deutschen Steuerzahler nicht gegenüber Griechenland großzügig gezeigt, sondern gegenüber ihren eigenen Banken. Tatsächlich wurden jedoch mit den Hilfsgeldern griechische Konsumnotwendigkeiten und daneben Banken finanziert, zu denen vor allem griechische gehörten, bei deren Pleite sonst die Griechen ihre Einlagen verloren hätten und Griechenland selbst verloren gewesen wäre. Die Behauptung, der ausschließlichen Rettung der eigenen Banken der Retter wird durch ständige Wiederholung nicht richtiger, auch wenn sie nun von Jeffrey Sachs kommt.
Sachs fordert an anderer Stelle Hilfen, damit Griechenland seinen sozialen Aufgaben nachkommen könne. Doch erwähnt er mit keinem einzigen Wort die absolut ungerechte Einkommensverteilung, bei der das oberste Zehntel zehnmal mehr als das unterste einstreicht (gegenüber weniger als siebenmal in Deutschland, Abb. 18809), eine Situation, die im Lande selbst und nicht von seinen Europartnern zu korrigieren ist. Tatsächlich ist das Verhältnis der Zehntel noch weit größer, weil die ins Ausland verschobenen griechischen Einkommen nicht einbezogen sind. *) Anmerkung
Es ist schade, daß sich ein ziemlich bekannter amerikanischer Professor, der in USA zum akademischen Establishment gehört, zu einer solchen Sammlung von Irreführungen hinreißen läßt, von denen leider viele für den deutschen Normalleser nicht durchschaubar sein dürften, zumal sie zu anderen ähnlichen Äußerungen passen, und auch von den deutschen Oppositionsparteien ziemlich leichtsinnig befördert werden. Heute schieb mir ein wohlmeinender Besucher des Infoportals: „Auf das „Klein-Klein“ zu den Details bezüglich Portugal, Irland, Griechenland usw. kann ich mich wegen mangelnder Detailkenntnisse nicht einlassen.“ Umso eher finden Jeffrey Sachs u. Co. mit ihren groben Thesen dankbare Leser.
Schon am 7. Juli hatte Sachs zusammen mit Flassbeck, dem früheren Lafontaine-Staatssekretär, und anderen Schreibern in einem offenen Brief Frau Merkel dazu aufgefordert, ihren Kurs zu korrigieren, um weitere Schäden zu vermeiden:
„Momentan wird die griechische Regierung dazu gedrängt, sich einen Revolver an die Schläfe zu halten und abzudrücken. Doch mit der Kugel wird nicht nur Griechenlands Zukunft in Europa getötet. Die Kollateralschäden werden auch die Eurozone als Leuchtturm von Hoffnung, Demokratie und Wohlstand zerstören. Die Folgen werden auf der ganzen Welt zu spüren sein.“
Schriller ging es kaum. Emotionale Polemik für eine verunsicherte Öffentlichkeit.
*) Anmerkung: Das griechische Einkommenssteuersystem ändert bisher sehr wenig an den sozialen Ungerechtigkeiten. Besonders das sogenannte Einkommen aus „business activity“ von Selbständigen und Unternehmern genießt mit einem Steuersatz von nur 26 % bis 50.000 Euro und nur 33 % darüber erhebliche Vorteile. Die jetzt von der Tsipras-Regierung geplante Sonder-Solidaritätssteuer setzt mit dem Spitzensatz von 8 % erst ab mehr als 500.000 Euro Jahreseinkommen ein und verschont Einkommen darunter mit viel niedrigeren Sätzen, z.B. nur 2 % zwischen 30.000 und 50.000 Euro, 4 % zwischen 50.000 und 100.000 Euro sowie 6 % zwischen 100.000 und 500.000 Euro Einkommen.
„ Warum der Euro die Eurozone immer mehr spaltet: eine aktuelle ökonomische Analyse
Die Spalten in der Eurozone sind durch die Kreditkrise wesentlich deutlicher geworden. Sie trennen politisch Gläubiger- und Schuldnerländer in einer bösen, emotional aufgeladenen Diskussion, wie zuletzt am Beispiel Griechenlands, und sie haben vor allem Gewinner und Verlierer des Euros geschaffen. Dahinter verbergen sich noch wesentlich gefährlichere Spalten, die die Eurozone auseinander treiben. Statt unter einer gemeinsamen Währung zusammenzuwachsen, laufen seit Einführung des Euros die Wirtschaftsentwicklung der 12 Mitglieder der ersten Welle (vor Beitritt der Osteuropäer) in den Pro-Kopf-Werten und vor allem die Produktivität dieser Volkswirtschaften auseinander. Das hat jetzt die EZB in ihrem Bulletin 5/201 sehr deutlich beschrieben.
Die Länder, die am Anfang schon zurücklagen, fielen weiter zurück oder konnten jedenfalls nicht aufholen. Spanien und Portugal haben in der Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung immer noch denselben Abstand zum Durchschnitt wie schon in 1999. Italien ist mit einer besonders schlechten Entwicklung erheblich hinter die Gruppe der Hocheinkommensländer zurück gefallen. Der Abstand Griechenlands zum Durchschnitt ist nach Ende des kreditfinanzierten Booms größer als am Anfang. Nur Irland konnte seine Position als Hocheinkommensland festigen (Abb. 18902).
Beim Start des Euros war erwartet worden, daß eine tiefere monetäre und finanzielle Integration eine schnellere Konvergenz bewirken würde. Tatsächlich kam es zu größeren Finanzströmen in die Länder, deren Pro-Kopf-Einkommen unter dem Durchschnitt lag. Doch die Kapitalzuflüsse bestanden nur zu einem geringen Teil in direkten Auslandsinvestitionen (FDI). Auch begann das Kapital, das eigentlich Produktivitätsgewinne und Einkommenssteigerungen hätte finanzieren sollen, während der Krise wieder abzuwandern (Abb. 18904).
Die EZB nennt als weitere Gründe für die mangelnde Konvergenz bei den Schlußlichtern: schwache Institutionen, strukturelle Verfestigungen, unzureichende Politiken um Booms in Finanzmarktprodukten zu kontrollieren und vor allem schwaches Wachstum der Produktivität. Die ist im Rest der Eurozone um etwa die Hälfte höher als in den 4 Krisenländern an der südlichen Peripherie (Abb. 18900, 18905). Besonders ungünstig entwickelte sich die griechische Wirtschaftsleistung pro Arbeitsstunde: Sie gipfelte schon 2004 bei 30 % unter dem Eurozonendurchschnitt und fiel seitdem auf 36 % unterhalb dieses Durchschnitts.
Schuld am Auseinanderdriften der Produktivität war nach Auffassung der EZB u.a. das Verhalten der Kapitalströme. In den rückständigen Ländern gingen sie zu oft in Sektoren mit niedriger Produktivität, aber hohen Profiten, häufig Dank Schutz oder Subventionen der Regierungen, besonders Dienstleistungen einschließlich des Handels und der Netzwerkindustrien, im Falle Spaniens die Bauindustrie. Auch im Handelsbereich war das Wachstum der Faktorproduktivität enttäuschend. Das gilt sogar für Sektoren mit hohem Zuwachspotenzial, wie sich vor allem in Spanien und Italien im Vergleich mit den übrigen Euro-12-Ländern zeigt, wo auch der Produzierende Sektor einen Schwund an Produktivität zeigte (Abb. 18901), was in der Beurteilung der EZB auf weitverbreitete Schwächen im gesamten Geschäftsumfeld hindeutet.
Diese Erklärungen der EZB unterscheiden sich erheblich von denen einiger Ökonomen, wie Flassbeck in Deutschland, die nur ganz einseitig und eindimensional die deutsche Lohnpolitik für die Divergenzen in der Wirtschaftsentwicklung verantwortlich machen und damit allein Deutschland zum Sünder der Eurozone erklären und sogar selbst Griechenland von jeder eigenen Schuld freisprechen. Auf der Basis der Daten zur Produktivität scheint dort das eigentliche Problem mangelnder Wettbewerbsfähigkeit zu liegen, neben dem Lohnniveau, das – gemessen an der niedrigen Produktivität – zu hoch lag oder noch liegt. So sind auch die Lohnstückkosten, in die die Produktivität und das Lohnniveau eingehen, für Italien, Griechenland und Spanien seit dem Jahr 2000 viel zu stark gestiegen (Abb. 18906). Die jahrelang gebremsten deutschen Löhne sind freilich bei Italien und Spanien mitverantwortlich (bei Griechenland hätten auch deutsche Lohnsteigerungen nicht viel helfen können).
„Die besonderen Freunde Griechenlands und ihre Märchen
Wer Desinformationskampagnen beobachten will, findet derzeit reiche Ernte beim Thema Griechenland. Massenhaft werden wir in den Medien fast täglich mit Berichten bombardiert, wie falsch und schädlich die Rettungspolitiken waren und sind, wie unfair sich besonders Deutschland verhält, wie verhaßt wir nun im Ausland sind und wie andere Krisenländer ohne Reformen besser aus der Krise gekommen sind. Da wird sogar behauptet, Griechenland hätte keinerlei Schuld an der Krise, obwohl die griechische Regierung selbst neuerdings die griechischen Fehler und den Reformbedarf einräumt. In mehreren Rundbriefen habe ich versucht, besonders grobe faktische Verfälschungen der Krise und ihrer Ursachen zu korrigieren, vor allem:
daß die deutsche Lohnpolitik die Schuld an der griechischen Krise trage: Es gibt nur wenige Produkte, bei denen die deutsche Industrie mit der griechischen konkurrierte;
oder daß die Hilfsgelder nur der Rettung von Banken in Deutschland und Frankreich gedient hätten und bis auf kleinste Reste nicht in Griechenland angekommen seien: Der Kapitalabzug ausländischer Banken entsprach nur etwa 31 % der bis heute an Griechenland geleisteten Hilfen und, soweit griechische Banken gerettet wurden, wurden letztlich die Konten der Griechen gerettet, da die griechischen Banken (und damit das ganze Land) ohne die Hilfen pleite gewesen wären;
oder daß die Armut in Griechenland ein Ergebnis der Auflagen der Retter gewesen sei: Armut ist in Griechenland kein neues Phänomen, zumal das Land schon vor der Euroeinführung und bis zum Ausbruch der Krise den höchsten (oder einen der höchsten) Armutslevel in der Eurozone hatte;
oder daß die griechische Wirtschaft nur wegen der Reformen abgestürzt sei, wobei mit der Boom-Spitze von 2010 verglichen wird: Das BIP von 2010 beruhte jedoch auf einem dramatisch überhöhten kreditfinanzierten privaten und öffentlichen Konsum und widersprach allen Gesetze der Nachhaltigkeit, so daß mit der Wirtschaftsleistung bei Eintritt in den Euro, die etwa der heutigen entspricht, verglichen werden muß.
oder daß Griechenland von der Last seiner Schulden gegenüber den öffentlichen Gläubigern erdrückt würde: Griechenland leistet nur noch in geringem Umfang Zinsen und mit einem Zinssatz, der mit im Schnitt 1,5 % weit niedriger als bei den anderen Krisenländern ist, wobei die Kredite aus dem ESFS für 10 Jahre zinsfrei gestellt wurden und die Zinsen auf Kredite der EZB zurückerstattet werden; Rückzahlungen aus der Griechenland Fazilität beginnen erst 2020 und reichen bis 2041, während sie aus der EFSF auf 2023 bis 2055 hinausgeschoben sind, also bis auf 40 Jahre von heute; für 2015 rechnet das Breugel Institut mit einer Zinsbelastung von nur noch 2 % des BIP, die vor allem mit privaten Gläubigern anfällt (gegenüber 5 % bei Portugal, Abb. 18898). Allerdings wird Griechenland die hohe Staatsschuld nie abtragen können und, je früher sie erlassen wird, umso eher wird Griechenland wieder an die internationalen Finanzmärkte zurückkehren und von weiteren Krediten der Europartner unabhängig werden können (soweit nicht ein Grexit unvermeidbar wird).
Nun hat sich auch Harald Schumann vom Tagesspiegel mit einem eigenen und besonders üblen Märchen gemeldet, das gleich auch noch in der ZEIT erschienen ist, nämlich daß andere Krisenländer, wie Portugal, nur besser aus der Krise gekommen seien, weil sie sich die Reformen erspart hätten: „In Wahrheit haben sie sich das Sparen gespart“. Verglichen mit dem Kahlschlag in Griechenland sei auch das Programm in Portugal sanft gewesen. Portugal hätte seine Ausgaben im Zeitraum von 2009 bis 2014 nur um 7 % gekürzt. Daß es nicht weiter abwärts gehe, hätte nichts mit einer märchenhaften „Gesundung“ zu tun. Der Grund sei viel simpler: Die Regierung sparte sich das Sparen.
Das ist eine besonders bösartige Verfälschung der Fakten, die die unter den Reformen leidende portugiesische Bevölkerung beleidigt. Als einzigen Beweis führt Schumann den relativ geringen Rückgang der portugiesischen Staatsausgaben zwischen 2009 und 2014 an. Doch Reformen kann man nur beurteilen, wenn man auch die durch höhere Steuern verursachte Steigerung der Staatseinnahmen berücksichtigt. Die Reformen zielen nicht einseitig auf geringere Staatsausgaben ab, sondern auf einen ausgeglichen Staatshaushalt insgesamt und damit eine Bremse im Aufbau der nicht mehr finanzierbaren Staatsverschuldung. Dazu aber zählen nicht nur die Kürzungen von Ausgaben, sondern ebenso sehr und sogar noch stärker die Steigerung der Einnahmen. Zwischen 2009 und 2014 hat Portugal auf der Basis schmerzvoller Reformen die Staatseinnahmen trotz der Krise um 9 % erhöht, während die griechischen um 12 % gesunken sind und seit März dieses Jahres im Zeichen der politischen Unruhe weiter fallen (Abb. 18895, 18597). Das ist der eigentliche Unterschied zwischen beiden Ländern. Die Portugiesen zahlen in der Regel ihre Steuern, ein großer Teil der Griechen dagegen nicht. Es ist sicher nicht Aufgabe der Bürger anderer Eurostaaten statt der Griechen deren Steuern zu zahlen.
Hätte sich Schumann die Mühe gemacht, die portugiesischen Reformen auf der Einnahmenseite zu verfolgen, so hätte er feststellen können, daß Portugal schon früh in der Krise erhebliche Steuerreformen unternommen hat, vor denen Griechenland bisher weitgehend zurückgeschreckt ist. Nicht nur wurde der MwSt.-Satz bereits 2010 von 20 % auf 23 % angehoben (Abb. 18896). Vor allem wurden 2011 die niedrigen Steuersätze für Strom und Gas von 6 % beseitigt. Seit 2012 werden Nahrungsmittel und Restaurants dem Normalsteuersatz von 23 % statt wie zuvor nur 13 % unterworfen. Auch die Steuersätze für Dienstleistungen im kulturellen und sportlichen Bereich wurden schon 2012 angehoben. Bei einer so erfolgreichen Entwicklung der Einnahmen, brauchte Portugal bei den Ausgaben natürlich nicht so auf die Bremse zu gehen, wie das bei Griechenland geschehen ist. Man darf eben in der Beurteilung nicht die Ausgaben von den Einnahmen trennen. Im Ergebnis konnte Portugal sein Primärdefizit im Staatshaushalt von -15 % des BIP in 2010 erfolgreich auf 0 % in 2014 verkürzen und erwartet nun für 2015 einen Überschuß von 3 % (Abb. 18894) – eine enorme Reformleistung, die Anerkennung verdient und nicht eine Abwertung à la Schumann. Außerdem hat Portugal auch die Rentenreformen betrieben, die Griechenland bisher abgelehnt hat. Auch das verschweigt Schumann.
„: Warum Portugal aus der Krise kam, und Griechenland nicht
Beide Länder, Portugal und Griechenland, sind gut vergleichbar. Sie liegen beide an der äußersten südlichen Peripherie der Eurozone. Beide waren absolute Armenhäuser, bevor sie der Eurozone beitraten und erlebten dann einen sehr künstlichen kreditfinanzierten Boom der im Crash endete. Auch von der Größe und der Wirtschaftskraft her sind sie vergleichbar: Beide zählen 11 Millionen Einwohner, wobei Griechenland mit 21.000 Euro/Kopf Wirtschaftsleistung nur wenig besser dran ist als Portugal mit 17.000 (jeweils 2014). Es wäre unfair, Griechenland mit Irland als dem dritten Land unter dem „Rettungsschirm“ zu vergleichen; doch mit Portugal kann man das.
Es gibt zunächst einige größere Unterschiede. Beim Eintritt in den Euro lag die griechische Staatsverschuldung schon bei etwas über 100 %, während die Portugals nur halb so hoch war. Als der Crash kam, stieg die Griechenlands bis zum Rettungsprogramm von 2010 noch auf 142 %, die Portugals nur auf 83 %. Der griechische Beamtenapparat war im Vergleich zum portugiesischen aufgebläht und teuer, ebenso das Militär. Die Steuerverwaltung funktionierte in Portugal, nicht aber in Griechenland. Vor allem aber hatten große Teile der griechischen Bevölkerung in Eurozeiten vor dem Crash weit über ihre Verhältnisse gelebt, nicht aber so sehr in Portugal. So stieg der private Verbrauch pro Kopf in Griechenland rasch fast auf das Durchschnittsniveau der Eurozone, der portugiesische nur auf 70 % (Abb. 18862).
Ein großer Unterschied zwischen beiden Ländern, der nun auch die Überwindung des Crashs so schwierig macht, ist also das Konsumverhalten der privaten Haushalte. Die Löhne und Gehälter stiegen in Portugal nominal um 35 %, während sie sich in Griechenland fast verdoppelten (Abb. 18893). Demensprechend stieg der Konsum in Griechenland bis zum Crash nach Abzug der Verbraucherpreisentwicklung um gewaltige 36 %, in Portugal dagegen nur um 12 %, was dem Durchschnitt der Eurozone entsprach (Abb. 18889). Im Ergebnis verschlechterte sich die Leistungsbilanz Portugals mit dem Ausland bis zum Crash wenig, während die Griechenlands erheblich absackte (Abb. 16286). Insgesamt gesehen war also der Reformbedarf für Portugal weniger hoch als für Griechenland. So räumt auch die griechische Regierung heute den hohen Bedarf an Reformen selbst ein.
Portugal erhielt Kredithilfen von 78 Mrd. Euro, weniger als Griechenland allein im dritten Rettungspaket angeboten werden müssen (insgesamt bei Griechenland etwa 300 Mrd. Euro). In dem nach dem Crash vereinbarten Hilfsprogramm verpflichtete sich die portugiesische Regierung zu tiefgreifenden Reformen, die bisher auch umgesetzt wurden. Dabei ging es um Arbeitsmarkt- und Rentenreformen und eine Absenkung des Haushaltsdefizits. Tatsächlich konnte Portugal das Defizit vor Schuldendienst von 15 % in 2010 auf 0 % in 2013 zurückführen, während es in Griechenland für 2013 noch bei 15 % lag (Abb. 18894). Die Rentenreformen sehen ein Ende der Indexierung auf Inflation (außer für die niedrigsten Renten), Begrenzung der Frühverrentung, Senkung der höchsten Renten, Erhöhung des Rentenalters von 65 auf 66 Jahre und weitere Erhöhungen je noch Anstieg der Lebenserwartung vor. Das sind Reformen, an die sich Griechenland bisher nicht herangemacht hat. Der Kommentar von Schumann im Tagesspiegel vom 26. Juli, Portugal habe sich das Sparen gespart, ist leider irreführend, wie so vieles was in unseren Medien zu Griechenland gedruckt wird.
Diese Reformschritte haben sich bei Portugal bisher eindeutig „ausgezahlt“. In beiden Ländern stürzten die Investitionen gewaltig ab, allerdings in Portugal weniger als in Griechenland (Abb. 18890). Die Arbeitslosenquoten stiegen etwa vom
gleichen Niveau, wobei die von Portugal allerdings inzwischen auf die Hälfte derer für Griechenland gefallen ist (Abb. 18891). In Portugal steigt die Wirtschaftsleistung bereits seit 2013 wieder, in Griechenland verharrt sie auf stark abgesenktem Niveau (Abb. 18892).
So gelang es Portugal, anders als Griechenland, wieder zu akzeptablen Bedingungen bei einem Zinssatz von 2,6 % an die Finanzmärkte zu kommen und nicht mehr von neuen Krediten der Partner abhängig zu sein. Dagegen muß bei Griechenland mit weiteren Kreditpaketen und möglicherweise sogar einer Daueralimentierung gerechnet werden. Schon jetzt wurden bei Griechenland die Zinssätze für die Rettungskredite erheblich niedriger angesetzt als bei Portugal. Nun will Portugal zusammen mit Griechenland und Spanien die baldige Aufnahme von Verhandlungen über weitere Schuldensenkungen für Griechenland verhindern, weil in diesen Ländern Wahlen anstehen und starke Oppositionsparteien vom linken Rand dort sofort eine Gleichbehandlung mit Griechenland und ein Ende der Reformen verlangen würden. In seinemReisebericht aus Portugal schreibt der Herausgeber der ZEIT Josef Joffe :
„Portugal und Griechenland, das ist die Geschichte zweier Krisenländer mit sehr ähnlichen Gebrechen. Doch das eine scheint zu gesunden, während das andere weiter verfällt.“
P.S.: Eine Diskussion mit Harald Schumann zu seinem Artikel im Tagesspiegel:
Harald Schumann hat heute im Tagesspiegel unter der Überschrift „Spanien und Portugal sind nicht besser als Griechenland“ behauptet, die Portugiesen hätten sich das Sparen gespart und seien nur deshalb besser aus der Krise gekommen: „Ein Blick auf die Zahlen aber zeigt: In Wahrheit haben sie sich das Sparen gespart“. Das ist nicht nur polemisch formuliert sondern einfach falsch, weil es sich nur an der Entwicklung der Staatausgaben orientiert, statt an der des Haushaltsdefizits, die ich in diesem Rundbrief gezeigt habe. Meinen entsprechenden Hinweis hat er zurückgewiesen. Ich habe ihm daraufhin heute geschrieben:
„Sie wissen doch sehr genau, daß nicht die Staatsausgaben entscheiden, sondern das strukturelle Haushaltsdefizit oder auch Primärdefizit. Allein das ist Gegenstand der Vereinbarungen mit den Gläubigern. Die Portugiesen haben das Primärdefizit mit weniger Ausgabenkürzung beseitigt, weil sie die Steuern eintreiben, was die griechische Regierung nicht tut. Ihre These führt dazu, daß Deutschland für den Steuerausfall in Griechenland zahlen müßte. Die Behauptung, die Portugiesen ersparten sich das Sparen, ist eine unverantwortliche Beleidigung der unter den Sparmaßnahmen dort leidenden portugiesischen Bevölkerung!
Es ist für mich, der ich im Ausland lebe, einfach bedrückend, wie fast alle bürgerlichen Medien in Deutschland bei Griechenland die Fakten verdrehen, um die deutsche Verhandlungsposition zu unterminieren, – undenkbar in jedem anderen europäischen Land und in meinem Verständnis ein Symptom der fortbestehenden mentalen Belastung durch Holocaust und andere Nazi-Verbrechen, zumal Deutschland nicht genug für die in Griechenland angerichteten Kriegsschäden und Nazi-Grausamkeiten bezahlt hat.“
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die praktisch die Bank der Zentralbanken ist, verzweifelt in ihrem neuen Jahresbericht vom Juni 2015 an der Wirkung der Zinspolitik der Zentralbanken. Mit Niedrigstzinsen hätten sie den langfristigen Rückgang des Wirtschaftswachstums nicht verhindern können, und das obwohl die Ölpreise erheblich gefallen seien (Abb. 18885). Gleichzeitig sei die Verschuldung bei niedrigen Zinsen immer weiter angestiegen (Abb. 18886).
Die BIS vermutet, daß die sehr niedrigen Zinsraten nicht eine ausgeglichene und nachhaltige Entwicklung fördern würden. Niedrige Zinsraten könnten teilweise die Wirtschaftsschwäche herbeigeführt haben, indem sie kostspielige Finanzbooms und -Crashs hervorgerufen hätten. Niedrige Raten hätten dann zu noch niedrigeren Raten der Notenbanken geführt. Die Kreditexpansion hätte, statt den Kauf von Produkten und Dienstleistungen anzuschieben, nur den Kauf vorhandener Finanzanlagen befördert und deren Preise hochgetrieben (Abb. 18887). Die Unternehmen hebelten sich in der Finanzierung durch Anleihen immer höher (Abb. 18888). Die Crashs nach Finanzbooms seien besonders schädlich und schwerer mit traditionellen Nachfragepolitiken zu beherrschen. Es käme zu Brüchen im Finanzsektor und großen Überhängen an Schulden.
Die Analyse der BIZ dürfte hinsichtlich der Wirkungslosigkeit und langfristigen Schädlichkeit von Niedrigstzinsen zutreffen. Doch ist sie unvollständig, weil sie die Folgen der weit übertriebenen Globalisierung nicht ins Visier nimmt. So sind die Konsequenzen der BIZ für die Politik leider nur die enttäuschend üblichen, nämlich ein Plädoyer für Strukturreformen, um die Produktivität zu fördern, insbesondere mehr Flexibilität für die Waren- und Arbeitsmärkte, also für Rezepte, die schon in der jüngeren Vergangenheit nicht sehr erfolgreich waren und teilweise sogar sehr schädlich, wie der Abbau der Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland. Es wird nur eine Lösung für die fortgeschrittenen Industrieländer geben können, nämlich den Rückbau der einseitigen Versorgung ihrer Märkte durch Importe aus Ländern mit unsozial niedrigem Lohnniveau durch Sonderzölle auf Produkte aus Ländern, die – wie vor allem China – unabhängige Gewerkschaften und das Streikrecht nicht zulassen, keine angemessenen Sozialversicherungssysteme haben und Mindeststandards im Umweltschutz ablehnen.
Außerdem muß nachfragewirksam der Trend zu immer mehr Ungleichheit in den Einkommen und Vermögen gestoppt und umgekehrt werden, wozu auch ein Einsammeln der vielen Steuergeschenken an die Reichen gehört und sehr viel meht Chancengleichheit im Bildungssystem.
:Griechenland spaltet wieder einmal die deutschen Menschen in „gute“, die Mitleid und Verantwortung empfinden und unbedingt helfen wollen, und andere, die ökonomische Grenzen für die deutsche Hilfsbereitschaft und eine Verantwortung der Griechen selbst für deren eigenes Schicksal sehen. Darf es im Angesicht der griechischen Krise überhaupt eigene nationale Interessen geben, die auf deutscher Seite ins Spiel kommen können und dürfen? Darf Deutschland, um eine Daueralimentierung Griechenlands und eventuell anderer Krisenländer zu vermeiden, auf Reformauflagen auch dann bestehen, wenn das die Wut auf die Deutschen in Griechenland schürt, Vorwürfe von Nobelpreisträgern in USA einträgt und auch noch Erinnerungen an deutsche Grausamkeiten aus der jüngeren Vergangenheit wiederbelebt? Politisch gesehen, sind die „Gut-Menschen“ ganz überwiegend bei den Oppositionsparteien anzutreffen und vor allem denen, die sich „links“ verorten.
Meine Analysen zu Griechenland haben nur versucht, faktische Verfälschungen zu korrigieren, wie daß die deutsche Lohnpolitik die Schuld an der griechischen Krise trage (Flassbeck) oder daß die Hilfsgelder nur der Rettung von Banken in Deutschland und Frankreich gedient hätten und bis auf kleinste Reste nicht in Griechenland angekommen seien. Auch habe ich auf die Verantwortung der neuen griechischen Regierung für die verspätete Einführung von Kapitalverkehrskontrollen und damit die Ermöglichung von massiver Kapital- und Steuerflucht der Wohlhabenden hingewiesen. Ich habe auch dargestellt, daß Armut in Griechenland kein neues Phänomen ist, das von den Hilfsprogrammen verursacht erst seit Ausbruch der Krise existiert. Und daß man den Absturz der griechischen Wirtschaft nicht an der Boom-Spitze einer Entwicklung, die allen Gesetzen der Nachhaltigkeit widersprach, messen darf, um dann den gesamten Rückgang danach den Auflagen der Hilfsprogramme in die Schuhe zu schieben.
Diese vorsichtigen Versuche, eine einseitige Darstellung der Krise zu korrigieren und deren Ausschlachtung für eine Abrechnung mit der Bundesregierung im Rahmen der deutschen Innenpolitik entgegen zu treten, haben mir einige heftige Kritik eingetragen. Mir wurde praktisch vorgeworfen, das Lager der „Gut-Menschen“ und meine sozialkritische Position verlassen oder verbogen zu haben. Einer dieser Kritiker, Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten der Partei „Die Linke“, schrieb mir, es dränge sich der Eindruck auf, ich hätte eine umgekehrte Priorisierung (also eine konservativ- bzw. national-soziale Perspektive). Das sei ja mein gutes Recht, ich sollte mir nur darüber bewusst sein, wo ich stehe und was die Wertebasis sei, die mich zu dieser Kritik-Stoßrichtung motiviere. Ähnliche Vorwürfe kamen aus der Wirtschaftsabteilung des Bundesvorstands von Ver.di. Einige Leser der Rundbriefe haben mit teils sehr emotionaler Begründung einfach abbestellt.
Natürlich habe ich mich gegen solche Unterstellungen gewehrt. Ich bin mir der Wertebasis, für die ich nun lange genug gearbeitet habe, durchaus bewußt. Ich lebe aber zeitweise in Großbritannien und Frankreich und weiß, wie wenig der in Deutschland immer noch weit verbreitete „Europadusel“ dort geteilt wird. Dort wirken nicht Erinnerungen an die Verantwortung für den Holocaust und andere Verbrechen, für den verlorenen Weltkrieg und an die lange Teilung des Landes und der Nation nach. In Deutschland fangen vor allem die im linken Spektrum positionierten Kräfte immer erst an, plötzlich ungewohnt national zu denken, wenn sie beispielsweise Deutschland unter dem Druck der „bösen“ USA sehen oder wenn es darum geht, sich gegen Auswüchse der neoliberale Globalisierung, wie beim TTIP, zur Wehr zu setzen. Dabei sind unsere multinationalen Konzerne, die einen enormen Einfluß auf die deutsche Politik ausüben, längst total heimatlos geworden und üben ihren Druck oft genug gegen die nicht heimatlos gewordenen deutschen Arbeitnehmer und Gewerkschaften zum Nachteil Deutschlands aus.
So gibt es sehr gute Gründe, die nationalen deutschen Interessen nicht zu vergessen, auch wenn man ein guter Mensch sein möchte. Dazu gehört z.B. bei Griechenland, sich der Kosten für die deutschen Steuerzahler bewußt zu bleiben und einen Soli für deren Finanzierung als die einzige saubere Lösung vorzuschlagen, was die „Gut-Menschen“ aus der deutschen Politik aber bewußt unterlassen, weil sie ihre Anhänger nicht in Unruhe bringen wollen. Sie tun das, obwohl gerade sie die deutschen Forderungen gegen Griechenland verloren geben oder für deren Streichung eintreten und deshalb konsequenterweise eine Lösung über einen Steuer-Soli angezeigt wäre.
In Deutschland wird ganz überwiegend die Meinung vertreten, die 107 Mrd. Euro Kredithilfe der Europartner für Griechenland von Mitte Mai 2010 (ausgezahlt 73 Mrd. Euro, Rest in weiteres Programm überführt) sei vor allem zur Hilfe für die Banken in Deutschland und Frankreich erfolgt und bis heute sei kaum etwas der immer weiter aufgestockten Rettungsgelder in Griechenland angekommen. So meldete beispielsweise der Ver.di Bundesvorstand vor wenigen Tagen in „Wirtschaftspolitik aktuell“: „Griechenland war 2010 zahlungsunfähig. Bei einem normalen Insolvenzverfahren wäre ein großer Teil der Schulden gestrichen worden. Das hätte vor allem deutsche und französische Banken getroffen. An diese, nicht an die Griechen floss ‚unser Geld‘, indem EU und IWF mit Geld der Steuerzahler die Schulden übernahmen.“
Eine Gegenposition hat bisher nur der Präsident des Ifo-Instituts Sinn eingenommen, nach dessen Rechnung nur etwa ein Drittel der gesamten bis heute geleisteten Kredithilfen an ausländische Banken zurückgeflossen ist. Das ergibt sich auch aus meiner Berechnung, basierend auf den Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIZ (der Bank der Notenbanken), bei der die Banken ihre Forderungen gegen das Ausland und auch spezifisch gegen den griechischen Staat und griechische Banken melden. Danach haben ausländische Banken ihr Engagement gegenüber griechischen Banken und dem griechischen Staat von 136 Mrd. US$ im März 2010 auf 25 Mrd. US$ Ende September 2012 herunter gefahren. Die Differenz von 111 Mrd. US$ entspricht 30,7 % der bis heute an Griechenland vergebenen öffentlichen Kredite (einschl. Target2, Abb. 18883).
Nun hat Dan Davies (Senior Research Advisor, Frontline Analysts) eine neueBerechnung präsentiert, die auf Daten der Breugel-Forscher Sylvia Merler und Jean Pisani-Ferry beruht. Nach diesen Daten hielten griechische Banken im ersten Quartal 2010 knapp 40 Mrd. Euro an griechischen Staatsanleihen. Das vergleicht sich mit den von der BIZ ausgewiesenen rund 27 Mrd. Euro für französische und 25 Mrd. Euro für deutsche Banken. Gleichzeitig lag das gesamte Kapital mit Reserven griechischer Banken bei 39 Mrd. Euro gegenüber 464 Mrd. Euro für französische Banken und 368 Mrd. Euro für deutsche (Abb. 18884). Die griechischen Banken hatten sich also bis über die Halskrause mit hochgiftigen griechischen Staatsanleihen vollgetankt. Wäre es 2010 ohne die Kredithilfen der Europartner und des IWF zu einem Crash des griechischen Staates gekommen, so hätten die Anlagen der Banken in diesen Anleihen voll abgeschrieben werden müssen. Dabei hätten griechische Banken ihr gesamtes Kapital mit Reserven total verloren, französische und deutsche dagegen nur 6 bis 7 %. In einem Insolvenzverfahren wären – entgegen der eingangs zitierten Behauptung von Ver.di – vor allem die griechischen Banken untergegangen.
Davies schließt daraus, daß eine solche Abschreibung für die französischen und deutschen Banken zwar schmerzhaft, aber zu verkraften gewesen wäre, jedoch für die griechischen Banken die totale Pleite bedeutet hätte. Griechenland wäre ein Land ohne Banken gewesen und die griechischen Bankkonten wären total verloren gegangen. Nur durch die Kredithilfen der öffentlichen Gläubiger war dieser Ausgang zu vermeiden gewesen. Wenn auch anzunehmen ist, daß die Retter vor allem antraten, um globale Auswirkungen wie nach dem Lehman-Crash zu vermeiden, so darf doch nicht übersehen werden, was die Rettung der griechischen Banken für die griechische Wirtschaft und die Bankkonten der Griechen bedeutete.
Leider wird dieser Umstand von den Kritikern der Hilfen, sogar aus dem wissenschaftlichen Bereich, stets absichtsvoll unterschlagen. Natürlich sind auch für die Stellvertretende Vorsitzende der Partei Die LINKE Wagenknecht die Hilfskredite nur dafür da gewesen, Banken und Hedge Fonds vor Verlusten zu bewahren. Aus ihrem Brief an die Bundeskanzlerin:
„2010 war Griechenland pleite. Trotzdem haben Sie, Frau Bundeskanzlerin, 2010 die Weichen dafür gestellt, dass Deutschland und die anderen Euroländer die Haftung für die griechischen Schulden übernommen haben. Sie haben damit Banken und Hedge Fonds vor Milliardenverlusten bewahrt.“
Oder Gregor Gysi am 27. Februar 2015 vor dem deutschen Bundestag:
„Es gibt eine These, die auch die Bild-Zeitung verbreitet: Die deutschen Steuerzahler finanzieren Griechenland. – Das ist der größte Quatsch, den ich je gelesen und gehört habe. 90 Prozent der 240 Milliarden Euro für Griechenland gingen an die Banken und die Gläubiger. Dazu gehörte auch die Deutsche Bank. Dazu gehörten auch französische Banken. 90 Prozent dieser Summe gingen also nicht an die Griechinnen und Griechen; sie haben kaum etwas davon gesehen.“
Dabei stammt dieses Argument, das hier Gysi, wie auch andere Kritiker des Hilfsprogramms, leichtfertig und ungeprüft übernehmen, direkt vom früheren griechischen Finanzminister Varoufakis. Dieser hat in seinem Blog behauptet, die Kredite der Jahre 2010 und 2012 seien kein Rettungsprogramm für Griechenland gewesen. Sie seien stattdessen ein „zynischer Transfer“ von Verlusten aus den Büchern französischer, deutscher und griechischer Banken auf die Schultern der schwächsten griechischen Bürger gewesen. Und wörtlich:“Wie viele von Europas Steuerzahlern wissen, dass 90 Prozent der verliehenen 240 Milliarden an Finanzinstitute gingen und nicht an den griechischen Staat oder seine Einwohner?“ Immerhin war bei Varoufakis noch von den griechischen Banken die Rede, die bei den deutschen Nachplapperern ihres gefallenen griechischen „Erzengels“ nicht mehr auftauchen.
„
Warum nur ein Deutschland der wiederhergestellten Sozialen Marktwirtschaft eurofähig wäre
Im Ausland pfeifen es schon manche Spatzen vom Dach: Deutschland, nicht Griechenland sollte aus dem Euro austreten, weil seine Wirtschafts- und Sozialpolitik mit der der Mehrheit der Euroländer unvereinbar ist und damit den Euro sprengt. Tatsächlich hat sich Deutschland seit Eintritt in den Euro mit dem fortschreitenden Abbau der einstigen Sozialen Marktwirtschaft erheblich verändert und ist damit für seine Partner zum Problem geworden.
Erst seit dem Eintritt in den Euro wurde in Deutschland unter der Schröder-Regierung ein wuchernder Niedriglohnsektor aufgebaut, und das nicht einmal im Schutz von Mindestlöhnen. Erst seitdem wurde auch die allgemeine Lohnentwicklung auf Eis gelegt, ohne daß die Gewerkschaften viel Widerstand zeigten. Im Gegenteil: Sie begeisterten sich wie ihre Unternehmerfreunde am Mitbestimmungstisch für den Euro und die Exportüberschüsse, senkten die deutsche Streikhäufigkeit auf eine der niedrigsten in der Eurozone ab, winkten die immer höher steigenden Bonusse der Bosse mitbestimmend durch und hatten Führer, wie Zwickel (Vorsitzender der IG Metall) oder Hartz (VW-Vorstand), die unrühmlich aus dem Mannesmann-Prozeß oder den Hartz-Gesetzen in Erinnerung sind. Zwischen den Jahren 2000 und 2012 stiegen die deutschen Löhne und Gehälter um 22 Prozentpunkte weniger als der gewichtete Durchschnitt von Frankreich, Italien und Spanien und lag auch noch im zuletzt gemeldeten 1. Quartal 2015 verglichen mit dem Jahr 2000 immer noch um 16 Prozentpunkte niedriger (Abb. 18879). Dabei dürfte die Verminderung des Abstands nur krisenbedingt und vorübergehend sein.
Ebenso entwickelten sich wegen der Unterschiede in den Arbeitseinkommen und in der so mitverursachten deutschen Sparsamkeit die Preise in Deutschland zwischen 2000 und 2014 erheblich weniger als im gewichteten Durchschnitt von Frankreich, Italien und Spanien und brachten damit einen weiteren Vorteil für die exportierende deutsche Industrie (Abb. 18880).
Diese Entwicklungen von der Sozialen Marktwirtschaft weg führten dann einerseits zu ständig stärker steigenden deutschen Exporten (seit 2000 um 40 Prozentpunkte mehr als der Durchschnitt von Frankreich, Italien und Spanien, Abb. 18881) und andererseits einer gedrosselten Binnennachfrage und damit einer ebenso gedrosselten Importentwicklung, beides zum Nachteil unserer Europartner. 2014 exportierten 81 Mio. Deutsche mehr als die 173 Mio. Franzosen, Italiener und Spanier zusammen.
Nach dem Eintritt in den Euro hat die deutsche Industrie massiv nach Osteuropa und Asien, vor allem China, ausgelagert, um sich auch noch die dortigen noch niedrigeren Löhne im internationalen Wettbewerb zu Nutze zu machen.
Erst mit dem Euro wurde es für Deutschland möglich, in der Eurozone immer größere Überschüsse aufzubauen, ohne wie zuvor die DM aufwerten zu müssen.
Erst mit dem Euro konnte Deutschland zu Lasten seiner Partner mit solchen Überschüssen den eigenen Arbeitsmarkt stützen. Man kann es auch „Job-Klau“ nennen.
Erst seit dem Euro haben deutsche Industrie und Handelshäuser begonnen, das etwa gleichzeitig – nicht zuletzt mit besonderer deutscher Unterstützung – in die Welthandelsorganisation aufgenommene China massiv industriell und logistisch für den Kampf um die Weltmärkte aufzurüsten. Die meisten für den chinesischen Export tätigen Werkzeugmaschinen und Industrieanlagen kommen aus Deutschland (oder Japan). China kombiniert so deutsche Technologie mit billigster Arbeitskraft, die weder durch unabhängige Gewerkschaften, noch durch das Streikrecht, noch durch eine angemessene Sozialversicherung geschützt wird, und erobert so die Weltmärkte und dies nicht zuletzt zum Schaden unserer Europartner.
All dies ist unbestreitbar. Unbestreitbar ist auch, daß sich unsere Partner verschulden mußten und müssen, um die Defizite mit Deutschland, neben denen mit anderen Ländern der Welt, zu finanzieren. Diese Verschuldung und die sich daraus ergebenden Haushaltsbelastungen haben dann das zuletzt sehr hartnäckige deutsche Bestehen auf Austerität der Partner ausgelöst, das nun immer mehr zum Zankapfel in der Eurozone geworden ist.
In den kommenden Jahren wird sich zeigen, ob entweder die Eurozone zerbricht oder Deutschland steigende und dauerhafte Transferleistungen weit über Griechenland hinaus übernimmt oder ob Deutschland mindestens die wesentlichen Bestandteile der Sozialen Marktwirtschaft zurückholen kann. Das deutsche Establishment muß dringendst lernen, daß nur ein Deutschland mit Sozialer Marktwirtschaft wirklich dauerhaft eurofähig wäre.
Wer mehr über den Abbau der Sozialen Marktwirtschaft lesen will, sei auf mein letztes Buch „Holt endlich die soziale Marktwirtschaft zurück!“ verwiesen. Es ist unter der ISBN 9783738612592 im Buch- und Versandhandel für 10,10 Euro erhältlich, z.B. bei Amazon
Für die Politik und viele Politiker ist der Konflikt mit der Ökonomie immer nur in eine Richtung zu lösen: Die Politik hat Vorfahrt. Wenn man keine überzeugende ökonomische Begründung findet, gilt das einfache Credo von der Alternativlosigkeit, mit dem schon Margaret Thatcher Politik gemacht hat und sehr ausgiebig auch Angela Merkel und das die Ökonomie aus dem politischen Diskurs verbannt oder so verbiegt, das sie allen Erfahrungen widerspricht. Bei Morgenstern hieß es schon viel früher: „Weil nicht sein kann, was nicht sein darf“. Ein ähnlich einfacher und gebetsmühlenartig wiederholter Spruch lautet: „Scheiter der Euro, scheitert Europa“. Die mit solchen politischen Lebenslügen arbeiten, verstehen in der Regel wenig von den ökonomischen Gesetzen.
Eine solche Spannungssituation bestand schon von der Geburtsstunde des Euro her. Für Kohl war „sein“ Euro ein politisches Projekt. Von Warnern, darunter auch die deutsche Bundesbank, ließ er sich nicht beirren. In den späteren Worten Karl Otto Pöhls, des Präsidenten der Bundesbank bis 1989: „Kohl verstand nichts von Wirtschaft. Stattdessen sorgten sich Mitterand und Kohl um ihren Platz in den Geschichtsbüchern. Kohl wollte der Kanzler der deutschen Einheit sein, Mitterand ein von Frankreich geführtes Europa erzwingen. Sie sahen die Wirtschaftsexperten als Menschen, die sich der Geschichte in den Weg stellen.“ In der Bundestags-Debatte zur Abstimmung über die Einführung des Euros erklärte Kohl: „Der Euro ist in gar keiner Weise ein unkalkulierbares Risiko“; siehe seine Rede hier. Wie wollte er das eigentlich wissen? Und wie deutlich ist dieses Risiko inzwischen geworden!
Vor dem dritten Rettungspaket für Griechenland, das es im Verständnis der deutschen Politik eigentlich nie geben sollte, ist die Mantra der Befürworter wieder nur hochpolitisch und zugleich extrem ökonomiefern. Wenige dieser Serien-Vereinfacher aus der Politik haben auch nur die geringste Vorstellung, wie Griechenland mit weiteren Sparauflagen aus seiner verzweifelt schwachen Wettbewerbslage zu einer halbwegs normalen Volkswirtschaft zurückfinden soll. An dieser Stelle kommt eine weitere Lebenslüge der Politik ins Spiel. Wenn man den unlösbaren Konflikt nicht beseitigen kann, muß man ihn wenigstens in die Zukunft verschieben, damit ihn die politisch Nachkommenden austragen müssen. In der englischen Sprache nennt man das sehr treffend „Kicking the can down the road“, die Büchse vor sich her treten, wozu man dann freilich eine lange Straße braucht.
Was diese ökonomisch Ungebildeten dabei immer wieder vergessen, sind die Kosten solcher Konkursverschleppung auf allen Seiten, bei den Gläubigern, aber vor allem den Schuldnern, und bei den Schuldnern sind es dann vor allem die ohnehin sozial Benachteiligten. Auch das dritte Rettungspaket wird die horrende Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland nicht beseitigen. Wenn Jahrgang nach Jahrgang in die Hoffnungslosigkeit abkippt, wie soll dann das Land genesen? Wenn die Radikalisierung immer mehr zunimmt? Wie kann man stärker radikalisieren, als die Behandlung Griechenlands durch die Gläubiger mit Holocaust, Genozid und Versailles gleichzusetzen, wie das im griechischen Parlament geschehen ist?
Der polnische Ratspräsident Donald Tusk hat in einem langen Interview mit der Financial Times deutlich seine Befürchtungen zur Radikalisierung der europäischen Diskussion geäußert (siehe hier). Er warnte vor einer ideologischen Spaltung Europas. Wie 1968 gebe es eine weit verbreitete Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen, die schnell in eine revolutionäre Stimmung umschlagen könne. Es werde die Illusion erweckt, als gebe es eine Alternative zum bestehenden Wirtschaftssystem, ohne Sparpolitik und Einschränkungen. Er sei wirklich besorgt nicht wegen der finanziellen Ansteckung durch Griechenland sondern der politischen und ideologischen, dem Glauben, man könne eine neue Ideologie für Europa entwickeln. Tatsächlich gäbe es nur eine ökonomische und ideologische Illusion. Tusk wörtlich:
„Was mich beeindruckt hat, war die taktische Allianz zwischen radikalen Linken und Rechten im Europäischen Parlament, die Diskussion gegen Austerität, gegen die europäische Tradition, in einigen Teilen gegen Deutschland. Es war immer dasselbe Spiel vor den größten Tragödien in unserer Gesellschaft, diese taktische Allianz zwischen den Radikalen aller Richtungen. Heute können wir sicher dasselbe politische Phänomen beobachten. Das ist nicht nur ein griechisches Phänomen.“
Einige extrem emotionale und geradezu persönlich beleidigende Reaktionen auf meine Rundbriefe zu Griechenland haben auch mir gezeigt, wie groß diese Gefahren sind. Da blasen leider ganze Online-Produktionen in dieses Feuer, die besser nicht zu benennen sind. Gerade Deutsche, die das tun, sind wieder einmal total geschichtslos.
Warum sich die „Griechenland-Retter“ endlich ehrlich machen müssen
(bitte auch Startseite besuchen)
Sie haben zur Rechtfertigung immer neuer Kredite für Griechenland total überoptimistische Wirtschafts- und Haushaltsentwicklungen unterstellt (Abb. 18877). Sie haben die Leidensfähigkeit des griechischen Volkes weit überschätzt und dabei vor allem an den extremen sozialen Ungleichgewichten absichtsvoll vorbeigesehen. Sie haben harte Schuldenschnitte für unnötig gehalten. Griechenland war für sie nur ein anderes Irland oder Spanien (obwohl es nur halb so viel pro Kopf exportiert als Spanien und nur 13 % von Irland). Und sie brauchten diesen unsinnigen Optimismus nicht zuletzt, um die Schattenhaushalte zu vertreten, in die sie die Kredite auslagernd verschoben hatten statt sie als verlorene Gelder sauber in den Staatshaushalten unterzubringen und damit den Steuerbürgern Rede und Antwort zu stehen.
Nun kommt das „game over“ immer näher. Der Bundesfinanzminister in Deutschland denkt an Grexit und Schuldenschnitt. Erste Stimmen von Ökonomen schlagen einen Soli für Griechenland vor. So schreibt der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Clemens Fuest in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“:
„Es ist wichtig, daß gegenüber den Wählern und Steuerzahlern in Europa offengelegt wird, daß die neuen Zahlungen an Griechenland Transfercharakter haben, welche die Staatshaushalte der anderen Eurostaaten belasten. Wenn man von einem Gesamtvolumen der Hilfen von 84 Milliarden Euro ausgeht und annimmt, dass etwa ein Viertel auf Deutschland entfällt, bedeutet das eine Belastung von 22 Milliarden Euro über drei Jahre. Das könnte beispielsweise durch die Erhöhung des Solidaritätszuschlags von 5,5 auf 8 Prozent für drei Jahre finanziert werden. Wenn die Politik in Deutschland sich aus politischen Gründen dafür entscheidet, Griechenlands Verbleib im Euro zu finanzieren, gebieten es die Ehrlichkeit gegenüber den Wählern und die Generationengerechtigkeit, die Kosten dieses Transferprogramms durch Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen offenzulegen.“
Aber auch bei Fuest geht die Ehrlichkeit nicht weit genug. Denn nicht nur der neueste Kredit wird nicht zurückgezahlt werden. Auch bei den anderen Krediten an Griechenland muß mit dem weitgehenden Verlust gerechnet werden. Mit gerade einmal 2,5 % als Soli wird es nicht geschehen sein. Wollte man die gesamte deutsche Haftung für Griechenland steuerehrlich machen, kämen fast sechs Jahre des bisherigen Soli zusammen.
Vor allem gehört zur Ehrlichkeit der Abschied von rosigen Prognosen und damit die Erkenntnis, daß das Land nicht nur den Schuldenschnitt braucht sondern wahrscheinlich zusätzlich einen Grexit, um nach kräftiger Abwertung wieder wettbewerbsfähig zu werden, und ein starkes Investitionsförderungsprogramm und das Ganze verbunden mit humanitären Hilfen. Nur so kann erreicht werden, daß einerseits wieder viele Produkte in Griechenland hergestellt werden können, die derzeit erheblich billiger importiert werden, daß der griechische Tourismus nicht so sehr unter der weit billigeren Konkurrenz der Türkei oder Ex-Jugoslawiens leidet und auch der Export wieder auf die Füße kommt. Und nur mit der humanitären Hilfe kann es gelingen, den schweren Schock für die ärmeren Bevölkerungskreise abzufedern, wenn durch eine Abwertung der wieder eingeführten eigenen Währung auch Lebensmittel und die medizinische Versorgung erheblich teurer werden.
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P.S.: Die Hintergrunddaten und viel mehr zur Euro- und Griechenlandkrise finden Sie in meinem neuen Buch „Täter und Opfer in der Eurokrise – Vom Lehman-Crash zur Griechenlandkrise“, für das Sie Ihr Interesse hier unverbindlich angeben können, damit ich Sie über Erscheinungstermin und Bezugsmöglichkeiten informieren kann.Joachim Jahnke
E-Mail: globalnote@talktalk.net
Crash der Aktien- und Rohstoffmärkte! Anzeichen für einen globalen Kollaps? Was folgt als nächstes?
Sie sind kaum zu überhören – die Warnungen vor einem neuen Finanzcrash sind mittlerweile auch in den Mainstream Medien angekommen. Während Analysten von “nötiger Verschnaufpause” sprechen, prophezeien andere das Platzen der Blasen. Was ist Fakt und was bedeutet das für uns Bürger und Sparer für das restliche Jahr 2015?
Betrachten wir die folgenden Charts. Sie sehen hier eine Zusammenfassung der Entwicklungen der letzten drei Monate der wichtigsten Rohstoffe, Indizes und Währungen. Es zeigt, wohin das Geld fließt und umgeschichtet wird. Das Besondere im August 2015: Aktien und Rohstoffe fallen zeitgleich mit enormen Tempo auf breiter Ebene. Es erinnert an den Beginn der Finanzkrise 2007/2008, als die Lehman-Pleite noch nicht verkündet war. Die jetzige Entwicklung ist ein erneutes deutliches Zeichen dafür, dass etwas im Finanzsystem nicht stimmt. Diese Charts zeigen uns, dass wir bereits mitten drin sind in der Krise und es ein heißer Herbst werden könnte. Die Weltwirtschaft steht eben nicht so stabil da, wie man uns immer wieder mitteilen möchte. Der Markt nimmt die Zukunft stets voraus, es wird also eher dunkel statt hell am Finanzhimmel, egal was offizielle Wirtschaftsdaten berichten.
Zusammenfassend können wir feststellen
Die Marktteilnehmer flüchten aktuell aus Aktien und Rohstoffen, hin zu Währungen und Anleihen. Der Grund? Die Weltwirtschaft stockt! Es herrscht Angst vor der Zukunft. Die Nachrichtenlage hat sich in den vergangenen Wochen nicht verbessert – das treibt die Menschen aus den Aktienmärkten, die Rohstoffe verlieren durch ein drohendes Überangebot an Industriemetallen oder Energieträger. Das Kapital fließt in Staatsanleihen, auch wenn es nur noch Minizinsen gibt – sicher ist sicher. Reservewährungen wie USD und EUR werden verstärkt gekauft. Auch die Cashbestände dürften gestiegen sein. Wer sich das folgende Bild genau ansieht, erkennt schnell warum wir diese Marktbewegungen gerade beobachten:
In Krisenzeiten schichtet sich das Kapital von oben nach unten um. Gefragt sind gerade die Währungen (Paper Money). Die letzte Stufe nach unten ist dann das Gold. Auch diesen Schritt werden wir noch sehen, wenn der Goldpreis pro Unze gegenüber den Währungen ansteigt, bzw. die Währungen gegenüber Gold abwerten. Das ist dann im Extremfall die bekannte Hyperinflation, wo das Papiergeld (unsere Währungen) gegenüber realen Werten wertlos verfallen. Wie bekanntlich schon hunderte male zuvor mit Fiat-Money-Währungen.
Boom and Bust
Es sieht in der Tat so aus, als sei der 7-Jahres-Boom-Zyklus im Herbst 2015 vollendet. Die Boomphase endet, die Bustphase beginnt. Nur wird es viel brutaler als 2007/2008. Denn diesmal ist die gesamte Finanzwelt betroffen, von den USA über Europa, Indien, Japan bis nach China. Es kann das große Finale des Geldsystems werden, die unglaublichen Mengen an Schulden werden letztlich zum Vertrauensverlust führen! Das System kann nicht aber auch noch erneut wehren: mit Gelddrucken, Konjunkturprogrammen auf Pump, größeren Rettungsfonds und zusätzlich mit alldem, was noch nicht erfunden wurde. Es verzögert eben alles nur noch ein wenig. Der Point of no return ist seit 2008 definitiv erreicht.
Warum steigt der Goldpreis nicht?
Dass der Goldpreis nicht steigt, bedeutet nicht, dass alles in Ordnung ist! Beobachten Sie den Spotpreis aber ab September genauer. Er ist ein Indikator für den Zusammenbruch der Währungen. Dringend zu empfehlen ist hin und wieder ein Besuch beim Edelmetallhändler. Wenn die physischen Bestände knapp werden, sollten siereagieren!
(C) GELDRAUB
Financial Times trommelt für Abschaffung des Bargelds
29. August 2015, verfasst von Bürgender
In einem neuen Artikel macht die Financial Times kräftig Werbung für eine Abschaffung des Bargelds. Das Blatt zitiert dafür sogar John Maynard Keynes und bezeichnet Cash als ein „barbarisches Relikt“.

Würde sich eine Welt ohne Bargeld positiv auf die Wirtschaft auswirken? Diese Frage stellt sich die Financial Times in einem kostenpflichtigen Artikel (wer kein „Bargeld“ hat, kommt über Google trotzdem rein). „Der Fakt, dass die Menschen Bargeld als Schutz vor taumelnden Banken betrachten, ist voller historischer Ironie. Papiergeld war einst ein Symbol der Verantwortungslosigkeit“, heißt es im Artikel. Bargeld sei heute ein „barbarisches Relikt“, wurde John Maynard Keynes aus den 1920er-Jahren in Bezug auf den damaligen Goldstandard zitiert. Das Zitat ist allerdings falsch (s. hier), es bezog sich nicht auf Gold – Keynes hatte überhaupt nichts gegen Gold – sondern auf den riesigen Schuldenberg der Deutschen nach dem Ersten Weltkrieg, den sich die Sieger in Gold statt in Reichsmark auszahlen lassen wollten. Vielleicht sollten ausufernde Schulden und Krieg gemäß Keynes endlich als „barbarisches Relikt“ betrachtet und schlechte Haushaltspolitik abgeschafft werden, statt der Freiheit der Bürger.
Doch weiter heißt es im Artikel: „Die Existenz von Bargeld – ein zinsloses Inhaberpapier – begrenzt die Fähigkeiten der Zentralbanken eine angeschlagene Wirtschaft zu stimulieren. Die Sorge ist, dass die Menschen ihre Einlagen in Bargeld umtauschen, sobald eine Zentralbank die Zinsen in den negativen Bereich bewegt. Die Zentralbanken der Schweiz, Dänemarks und Schwedens haben die Raten niedriger gedrückt als viele für möglich hielten, doch glauben die meisten Politiker immer noch, dass es nicht weit unter Null gehen kann.“ Die Zeitung schreibt weiter: Es sei oft befürchtet worden, dass den Zentralbanken die „Munition“ für neue Stimuli ausgehe, falls ein weiterer Abschwung kommt. Durch das Entfernen der „Grenze nach unten“ wären Zentralbanken dafür gerüstet.
„Den Regierungen das Leben erleichtern“? Dies setzt aber voraus, dass eine Regierung im Sinne der Bürger handelt, statt ihnen pausenlos Schaden zuzufügen. Infowars bezeichnet den Vorschlag, die Benutzung von Bargeld kostenpflichtig zu machen, als Bestrafung.
http://www.gegenfrage.com/wp-content/werbung/verteiler.php
Waffenindustrie profitiert vom neuen Kalten Krieg

Während die Landwirtschaft und andere Wirtschaftszweige unter den Russland-Sanktionen leiden, gibt es einen Industriebereich, der auch weiterhin gute Geschäfte macht: die Rüstungsindustrie. Deutschland ist nach den USA, Russland und China der viertgrößte Rüstungsexporteur der Welt. Bis vor kurzem hatte die deutsche Rüstungsindustrie noch mit rückläufigen Verteidigungsausgaben in Europa zu kämpfen, doch nun profitiert sie von den Auswirkungen der Ukraine-Krise.
Östliche EU- und Nato-Mitglieder haben offenbar konkretes Interesse an schwerer Rüstungstechnik „Made in Germany“ signalisiert. Die Kämpfe im Osten der Ukraine haben die Politiker dazu bewogen, neue Investitionen in Militärtechnik zu tätigen, um mögliche Übergriffe auf ihre Länder abzuwehren.
Die deutsche Rüstungs-Industrie erweist sich damit als Profiteur in einer Krise, die die zivile deutsche Wirtschaft in große Bedrängnis gebracht hat: Die deutsche Wirtschaft meldet bereits im Monats-Rhythmus Einbrüche bei den Exporten und fordert von der Bundesregierung immer lauter einen sofortigen Kurswechsel und das Ende der Sanktionen. Zuletzt hatten sich die Bauern dem Protest angeschlossen und Steuersubventionen für die politisch verursachten Umsatzausfälle gefordert.
Sowohl in Deutschland als auch in den baltischen Staaten und Polen hat die Ukraine-Krise dazu geführt, dass die militärischen Bestände einer Überprüfung unterzogen werden. Der Fokus der Rüstungsinvestitionen liegt dabei auf den Landstreitkräften, vor allem auf Panzern und gepanzerten Fahrzeugen.
Beitragsbild: Wikimedia Commons; CC BY 2.0, flickr.com/Bundeswehr-Fotos
Hat dies auf Tomislav Radic rebloggt und kommentierte:
Aufstand der Anständigen? Wer sind denn die Unanständigen?
https://youtu.be/rxWc-hfNBIw
Na dann muß ich ja auch Pack sein, Herr Gabriel.
Liebe Grüße
Tomi