Altbundeskanzler Helmut Kohl hat Spitzenpolitiker der EU angegriffen. Sie brächten Europa nicht voran und seien verantwortungslos, kleinmütig und geschichtsvergessen. Das schreibt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ).

Der Ex-Kanzler äußert seine Kritik demnach in einem Aufsatz für ein Buch zur Verleihung des Karlspreises an Papst Franziskus. „Wir waren bei dem großen Projekt der europäischen Einigung schon einmal sehr viel weiter“, wird Kohl von der Zeitung zitiert.

Europa werde durch Krisen und erstarkenden Nationalismus vor Zerreißproben gestellt. Gleichzeitig habe die transatlantische Partnerschaft mit den USA Risse bekommen, und die EU habe die Partnerschaft mit Russland vernachlässigt.

Wie mangelhaft der Zusammenhalt und das Miteinander seien, zeige sich bei jeder neuen Herausforderung: der Euro-Stabilität, der Griechenland-Rettung, dem „Rechts- wie Linkspopulismus“, dem Terrorismus und der Flüchtlingskrise.

Zeitfenster „nicht dauerhaft offen“

Wenn er und die anderen Verantwortlichen in der Vergangenheit „so zögerlich und verzagt“ reagiert hätten wie manche Politiker heute, wäre es nicht zur Wiedervereinigung gekommen, schreibt Kohl. Die Mitgliedsstaaten sollten sich wieder auf ihre gemeinsamen Werte und Ziele zurückbesinnen. Kohl spricht in diesem Zusammenhang von einer „Vision der europäischen Gründerväter“.

Derzeit seien die Herausforderungen noch beherrschbar. Das Zeitfenster bleibe aber „womöglich nicht dauerhaft offen“. Nur ein geeintes Europa werde dauerhaft Frieden und Freiheit sichern, warnte Kohl.

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