Großer Personalbedarf
Wie das Bundesverteidigungsministerium mitteilt, haben der zuständige Staatssekretär Gerd Hoofe und der Vorstandsvorsitzende des Handels- und Touristikkonzerns REWE, Lionel Souque, am 11. Oktober in Berlin eine „Kooperationsvereinbarung“ über die „gegenseitige Vermittlung von Beschäftigten“ unterzeichnet. Demnach können aus der Bundeswehr ausscheidende Soldaten schon vor dem Ende ihrer Dienstzeit Praktika bei REWE absolvieren, „um sich für eine Anschlussbeschäftigung zu empfehlen“. Etwaige „Defizite“ der militärischen Bewerber sollen durch entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen des Berufsförderungsdienstes (BFD) der Truppe ausgeglichen werden.[1] Zudem wird der BFD regelmäßig Stellenausschreibungen der REWE-Gruppe veröffentlichen und dem Konzern die Möglichkeit bieten, sich bei Jobmessen und Informationsveranstaltungen für ausscheidende Soldaten als Arbeitgeber zu präsentieren. In einem Statement anlässlich der Vertragsunterzeichnung begrüßte REWE-Vorstandschef Souque denn auch die „enge Partnerschaft“ mit den deutschen Streitkräften, da diese geeignet sei, den „großen Personalbedarf“ seines Unternehmens zu decken.[2] Die stark expandierende Firmengruppe erzielte 2016 einen Umsatz von rund 54 Milliarden Euro und stellt nach eigenem Bekunden jährlich bundesweit mehr als 20.000 neue Beschäftigte ein.
Militärische Karrieremöglichkeiten
Auch für das deutsche Militär bietet die Zusammenarbeit mit REWE unschätzbare Vorteile. So erklärte sich der Konzern bereit, ausscheidende Mitarbeiter über „militärische und zivile Karrieremöglichkeiten in den Streitkräften und in der Bundeswehrverwaltung“ zu informieren.[3] Des Weiteren sagte das Unternehmen zu, Beschäftigte für „Reservistendienste“ freizustellen, zumal die Truppe ihrerseits versprach, die Betreffenden „vor allem in Bereichen ein(zu)setzen, in denen nützliche Erfahrungen für den regulären Job gesammelt werden können“.[4] Die „Kooperationsvereinbarung“ liegt damit ganz auf der Linie der von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) verkündeten „Agenda Attraktivität“ (german-foreign-policy.com berichtete [5]). Um die Bundeswehr als modernen und fürsorglichen Arbeitgeber in Szene zu setzen, sind hier nicht zuletzt umfangreiche „Weiterbildungsangebote“ für aktive Soldaten vorgesehen, die diesen nach dem Ende ihrer Dienstzeit einen reibungslosen „Wiedereinstieg“ ins zivile Berufsleben ermöglichen sollen.
Reservistendienst
Eine erst Ende September zwischen der Dienstleistungsholding WISAG und dem Verteidigungsministerium getroffene Absprache beinhaltet nahezu gleichlautende Regelungen wie im Fall des REWE-Konzerns. Während die deutschen Streitkräfte zusagten, insbesondere „Soldaten mit geringen schulischen oder beruflichen Qualifikationen“ für eine Tätigkeit bei WISAG zu schulen, versprach das Unternehmen, den „Reservistendienst“ zu fördern und „scheidende Mitarbeiter auf die Vorzüge einer militärischen oder zivilen Karriere bei der Bundeswehr hin(zu)weisen“.[6] Der unter anderem mit der Bewachung von Industriegebäuden und der Durchführung von Kontrollen an Flughäfen befasste Dienstleistungskonzern unterhält seinerseits enge Kontakte zum deutschen Militär. So zählt etwa mit Michael Richter ein Reserve-Stabsoffizier der Bundeswehr zum Führungsteam der Firmengruppe. Der Bereichsleiter der WISAG-Sparte „Sicherheit und Service“, Christoph Görgen, der für die Überwachung der in Deutschland anlandenden Luftfracht durch „Sprengstoffspürhunde“ verantwortlich ist, fungierte zuvor als Ausbilder und Fachlehrer an der Schule für Diensthundewesen der deutschen Streitkräfte.
Ganzheitliche Lösungen
Analog zu REWE und WISAG hat auch die Deutsche Post/DHL eine „Kooperationsvereinbarung“ mit dem deutschen Militär geschlossen. Anfang März einigte man sich laut Bundesverteidigungsministerium auf einen „ganzheitlichen Lösungsansatz“ in Personalfragen: „Beide Arbeitgeber sind in Zeiten des Fachkräftemangels auf der Suche nach kompetenten und qualifizierten Kräften in allen Mitarbeitergruppen – der jeweilige Kooperationspartner kann sie liefern.“[7] Wie Post-Konzernvorstand Jürgen Gerdes aus Anlass der Vertragsunterzeichnung erklärte, gehe es darum, die „seit vielen Jahren bestehende, erfolgreiche Feldpost-Partnerschaft mit der Bundeswehr nun für beide Seiten gewinnbringend (zu) erweitern“.[8] Aktuell betreibt sein Unternehmen nach eigenen Angaben elf „Feldpostämter“ in den Operationsgebieten des deutschen Militärs, um die dort eingesetzten Soldaten mit Briefen und Paketen zu versorgen. Die unter anderem im Irak, in Afghanistan und in Mali stationierten Konzernmitarbeiter wurden zuvor von der Bundeswehr zu sogenannten Feldpostsoldaten ausgebildet; sie tragen Uniform und sind stets bewaffnet. Über ihre propagandistische und motivationsfördernde Funktion im Rahmen der Kriegsführung ist sich die Deutsche Post dabei durchaus im Klaren: „Die Feldpost mildert das Heimweh und ermöglicht es uns, den Soldaten ein Stück Heimat in ihr Einsatzland zu bringen“, erklärte erst unlängst Diethelm Scholle, der „Feldpostbeauftragte“ des Unternehmens.[9]
Unverzichtbare Logistik
Wie die Deutsche Post/DHL ist auch die Deutsche Bahn AG für die Logistik der Bundeswehr unverzichtbar, da der Transport von Kriegsgerät innerhalb Europas zumeist über die Schiene läuft. Die von Bundesverteidigungsministerium und DB AG ins Leben gerufene BwFuhrparkService GmbH stellt zudem tausende von Nutzfahrzeugen für die Truppe bereit; das DB-Tochterunternehmen Schenker sorgt für den Nachschub in Kriegsgebiete (german-foreign-policy.com berichtete [10]). Passend dazu hat die DB AG schon 2014 eine „Kooperationsvereinbarung“ mit dem deutschen Militär unterzeichnet – zwecks gegenseitiger Unterstützung bei der „Personalgewinnung“.[11]
Arbeitsplatzorientiert
Ähnlich frühzeitig bemühte sich der VW-Konzern um eine entsprechende Zusammenarbeit mit der Bundeswehr. Die von VW und der Stadt Wolfsburg gegründete Wolfsburg AG offeriert seit 2012 „individuelle Trainings- und Bildungsmodule“ für aus dem aktiven Dienst ausscheidende Zeitsoldaten. Erklärtes Ziel ist die „arbeitsplatzorientierte Qualifizierung“ zur „Eingliederung in das zivile Berufsleben“.[12] Parallel dazu bemühte sich VW, auf dem Markt für Militärfahrzeuge wieder Fuß zu fassen: Ebenfalls 2012 wurde bekannt, dass der Automobilhersteller sein Modell „Amarok“ nunmehr in einer gepanzerten Version mit Waffenhalterungen anbietet.
Absatzförderung
Auch REWE könnte beabsichtigen, durch die jetzt beschlossene Kooperation mit der Bundeswehr bei der Personalrekrutierung den Absatz der eigenen Produkte zu fördern: Nicht nur die im Inland, sondern ebenso die in ausländischen Kriegsgebieten operierenden deutschen Militärs werden ausschließlich mit Waren aus dem Sortiment deutscher Handelskonzerne versorgt.

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