Einflusskampf um Afrika (II)
ACCRA/BERLIN (Eigener Bericht) – Flüchtlingsabwehr und profitable Geschäfte für deutsche Unternehmen stehen im Zentrum der heute zu Ende gehenden Ghana-Reise des Bundespräsidenten. Er müsse vor Versuchen „warnen“, über die Sahara und das Mittelmeer nach Deutschland zu reisen, erklärte Frank-Walter Steinmeier gestern in einem Interview in der ghanaischen Presse: Die Reise könne mit „Gefangenschaft“ bei libyschen Sklavenhändlern oder sogar mit dem Tod enden. „Bleibt zu Hause“, fassen deutsche Medien den Tenor der Äußerungen des Bundespräsidenten zusammen. Gleichzeitig ist Steinmeier bemüht, mit Hilfe des G20-„Compact with Africa“ deutschen Firmen den Weg zu profitablen Investitionen in Ghana zu bahnen. Der „Compact“ soll afrikanische Staaten dazu bringen, ihre Wirtschaft noch stärker als bisher auf die Wünsche westlicher Investoren auszurichten. Deutsche Wirtschaftskreise ordnen Ghana in die „zweite Reihe“ afrikanischer Länder hinter den ökonomischen Schwergewichten Südafrika und Nigeria ein und sprechen sich für eine Ausweitung der Geschäfte dort aus – im Konkurrenzkampf gegen China.
„Reformpartnerschaften“
Ghana, erstes Ziel der aktuellen Afrika-Reise von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, ist eines von insgesamt drei Ländern des Kontinents, mit denen die Bundesrepublik im Rahmen der G20-Initiative „Compact with Africa“ kooperiert. Die Initiative, die vom deutschen Finanzministerium entwickelt und von den G20-Finanzministern im März 2017 in Baden-Baden offiziell übernommen wurde [1], sieht im Kern vor, in ausgewählten afrikanischen Ländern die ökonomischen Rahmenbedingungen für auswärtige Investoren zu optimieren, um neue lukrative Verwertungschancen für westliche Wirtschafts- und Finanzkreise zu schaffen. Dazu sollen sich einzelne afrikanische Regierungen mit jeweils einem G20-Land zusammentun und unter Mitwirkung von Institutionen wie der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) Strategien für die Deregulierung ihrer Wirtschaft („Reform“) und für Neuinvestitionen erstellen. Mittlerweile nehmen zehn afrikanische Staaten am „Compact“ teil [2], der freilich nur für die aufstrebenden oder zumindest rohstoffreiche, nicht aber für die ärmsten afrikanischen Staaten in Betracht kommt. Deutschland wird sich im Rahmen einer „Reformpartnerschaft“ mit Tunesien, Côte d’Ivoire und Ghana verbünden. Eine entsprechende Vereinbarung, die Ghana 100 Millionen Euro in Aussicht stellt, ist gestern während Steinmeiers Besuch in Accra unterzeichnet worden.
African Lion
Zielt Berlin in Tunesien vor allem darauf ab, einen klassischen Niedriglohnstandort deutscher Unternehmen noch intensiver zu nutzen [3], und versucht es in Côte d’Ivoire, in das bislang noch französisch dominierte Wirtschaftszentrum Westafrikas einzubrechen [4], so geht es in Ghana vor allem darum, die deutsche Stellung in einem traditionellen Partnerland der Bundesrepublik zu konsolidieren. Ghana kann nicht mit dem ökonomischen Gewicht der wirtschaftsstärksten Staaten südlich der Sahara – Südafrika und Nigeria – mithalten, gilt aber deutschen Unternehmern neben Ländern wie Kenia und Äthiopien als ein Standort, an dem sich Geschäfte durchaus lohnen.[5] Es ist viertgrößter Handelspartner deutscher Firmen südlich der Sahara [6], wird – trotz einer kurzen, aber heftigen Finanzkrise in den Jahren 2014 und 2015 – aufgrund seines ungewöhnlich hohen Wirtschaftswachstums in der Zeit von 2006 bis 2013 zu den „African Lions“ gezählt und verfügt über große Mengen an Gold und Bauxit sowie stattliche Erdölvorräte, die prinzipiell hohe Erträge versprechen. Berlin unterhält außerdem intensive politische Beziehungen in das Land, das eine anglophone Enklave in der an Paris gebundenen westafrikanischen Frankophonie darstellt.
Chinesische Investitionen
Die aktuellen Bemühungen der Bundesrepublik um eine Konsolidierung ihrer Stellung in Ghana sind nicht zuletzt eine Reaktion auf den rasch wachsenden Einfluss Chinas. Die Volksrepublik hat ihre Wirtschaftsbeziehungen nach Afrika südlich der Sahara seit den frühen 2000er Jahren rapide ausgebaut und ist inzwischen größter Handelspartner des Kontinents sowie der strategisch wohl bedeutendste Investor. Das zeigt sich auch in Ghana. Im Jahr 2016 lieferte China 17,3 Prozent der ghanaischen Importe – fast doppelt so viel wie der zweitgrößte Lieferant, die ehemalige Kolonialmacht Großbritannien (9,7 Prozent), und mehr als viermal so viel wie Deutschland (3,9 Prozent). Zudem nehmen die chinesischen Investitionen seit dem Jahr 2000 rasch zu; im vergangenen Jahr wurden sie bereits mit rund 1,3 Milliarden US-Dollar beziffert. In diesem Juni stellte Beijing Ghana zehn Milliarden US-Dollar zur Erschließung von Bauxitvorkommen zur Verfügung; einbezogen sind auch Infrastrukturvorhaben wie der Bau einer 1.400 Kilometer langen Eisenbahnstrecke, die nicht nur die Bauxitminen erreichen, sondern auch eine Verbindung in das nördliche Nachbarland Burkina Faso herstellen soll. Im Juli folgte eine weitere Vereinbarung über vier Milliarden Dollar; Beijing hat sie vor allem dem Bau von Wasser- und Solarkraftwerken in dem westafrikanischen Land gewidmet.[7]
Wirtschaftsfreundlich
Die „Reformpartnerschaft“ im Rahmen des „Compact with Africa“ soll nun deutsche Unternehmen wieder stärker ins Spiel bringen. Bereits im Umfeld der Berliner G20-Afrika-Konferenz am 12./13. Juni in Berlin hat die ghanaische Regierung intensive Gespräche mit deutschen Stellen gestartet; Finanzminister Ken Ofori-Atta sprach bei Entwicklungsminister Gerd Müller vor, Außenministerin Shirley Botchway bei ihrem Amtskollegen Sigmar Gabriel. Anschließend nahmen beide gemeinsam mit Bildungsminister Matthew Prempeh und mit Staatspräsident Nana Akufo-Addo an einem Treffen mit deutschen Wirtschaftsvertretern teil. Die deutsche Botschaft in Accra teilte nach der Zusammenkunft mit: „Unter Berücksichtigung der wirtschaftsfreundlichen Politik der neuen ghanaischen Regierung bestehen attraktive Möglichkeiten zum Beispiel im Energie-, Infrastruktur- und Gesundheitssektor Ghanas.“[8] Der Austausch wurde mit einer Reise der Staatssekretäre Friedrich Kitschelt (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit) und Werner Gatzer (Finanzministerium) nach Accra fortgesetzt. Der derzeitige Besuch des Bundespräsidenten schließt daran an. Steinmeier wird von Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries, Staatssekretär Kitschelt sowie mehreren deutschen Wirtschaftsvertretern begleitet.
„Bleibt zu Hause!“
Ergänzend hat Steinmeier bei seiner aktuellen Afrikareise die Migrationsabwehr ins Zentrum der Öffentlichkeitsarbeit gestellt. Die Reise aus Ghana durch die Sahara und über das Mittelmeer nach Europa sei hochgefährlich, erklärte der Bundespräsident in einem Interview mit der ghanaischen Tageszeitung Daily Graphic: „Sie kann mit Gefangenschaft, Misshandlung oder sogar Tod enden.“ Das wolle er „den Leuten bewusst machen und sie warnen“.[9] Demonstrativ hat er gestern ein „Migrationszentrum“ in Accra eröffnet, das junge Ghanaer über die – faktisch kaum vorhandenen – Möglichkeiten einer legalen Einreise nach Deutschland informieren soll. Kern seiner Botschaft sei gewesen, urteilt die staatsfinanzierte Deutsche Welle: „Bleibt zu Hause“.[10]
Gerhard-Schröder-Halle
Am heutigen Mittwoch beendet der Bundespräsident seine Ghana-Reise mit einem Besuch im Kofi Annan International Peacekeepinig Training Centre (KAIPTC). Dabei handelt es sich um eine Institution, in der westafrikanische Militärs und Polizisten für Auslandseinsätze trainiert werden; Ziel ist es, Unruhen und Kriege auf dem afrikanischen Kontinent mit Hilfe afrikanischer Einheiten niederzuhalten, um europäische wie auch nordamerikanische Kräfte zu schonen. Das KAIPTC ist von Anfang an von Deutschland unterstützt worden – nicht zuletzt mit Hilfe der angeblichen Entwicklungsagentur Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die auch aktuell in der Einrichtung tätig ist. Zum Dank hat Accra einen Raum des Zentrums nach einem ehemaligen Vorgesetzten des heutigen Bundespräsidenten benannt: Er heißt bis heute „Gerhard Schröder Hall“.[11]
[1] S. dazu Einflusskampf um Afrika.
[2] Seit März 2017 nehmen Côte d’Ivoire, Marokko, Ruanda, Senegal und Tunesien am „Compact with Africa“ teil, seit Juni 2017 zusätzlich Äthiopien und Ghana, seit Oktober 2017 auch Benin, Ägypten und Guinea.
[3] S. dazu Zum Wohle des tunesischen Volkes (I) und Zum Wohle des tunesischen Volkes (II).
[4] S. dazu Der Mann vom IWF.
[5] Wirtschaftsausblick November 2017 – Ghana. gtai.de 06.11.2017.
[6] Nach Südafrika, Nigeria und Côte d’Ivoire.
[7] Ghana steps up infrastructure drive with new funding from China. oxfordbusinessgroup.com 31.08.2017.
[8] Neue Reformpartnerschaft zwischen Ghana, Deutschland und den G20. ghana.diplo.de.
[9] Kate Baaba Hudson: Ghana a shining example in Africa – German President. graphic.com.gh 12.12.2017.
[10] Steinmeier will Ghanaer zum Bleiben bewegen. dw.com 12.12.2017.
[11] S. dazu Big Push.
SCHÜTZT EUCH vor derartigem UNGEIST,das wird erst noch bitterer !!
SCHÜTZT EUCH !!
Für die,die mit gesundem VERSTAND diese kommende Zeit überleben wollen, sollte das
BABS-I-Komplexsystem
zur PFLICHT gehören !!
LG, der Schöpfung verpflichtet, “ET”
mailto:etech-48@gmx.de
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