Ich habe mal ausgerechnet, dass der gegenwär
tige Primärenergieverbrauch der gesamten
Menschheit bei 13 Terawatt liegt. Dies entspr
icht etwa der körperli
chen Arbeitsleistung von
130 Milliarden kräftigen Energiesklaven, die
jeden Tag zwölf Stunden lang ohne Pause in
unseren Auftrag mit voller Pulle auf dieser Er
de malochen. Eine Sklavenstärke nehme ich
hierbei als eine Viertelpferdes
tärke, etwa 200 Watt, an. Ein Mittelklassewagen mit 60 PS hat
somit bereits 230 Energiesklaven unter der Ha
ube. Ein Mercedes der S-Klasse mit 190 PS
sogar die dreifache Anzahl. Die Frage laute
t: Wie viele Energiesklaven verträgt unsere
Biosphäre, die ja ein kompliziertes, ausbalancier
tes Ökosystem ist, in dem das eine mit dem
anderen gekoppelt ist? Und da stellt sich he
raus, dass die maximale Grenzbelastung durch
menschliche und technisch aufbereitete Ener
gieumsätze für die gesamte Erde etwa bei
insgesamt zehn Terawatt liegt. Das entspr
icht 100 Milliarden Energiesklaven.
Wir leben also längst über die
Verhältnisse der Biosphäre?
Allerdings. Wir verbrauchen mindestens drei
Terawatt zu viel Energie. Das sind 30
Milliarden Energiesklaven zu viel. Um die Gr
enzbelastung nicht zu überschreiten, dürfte jeder
Erdenmensch heute maximal 15 Energiesklav
en beschäftigen, sprich höchstens 1,5
Kilowattstunden pro Stunde verbrauchen. St
atistisch gesehen hält sich heute jeder
Erdenbürger 22 Energiesklaven und kann damit se
ine persönliche Arbeitsfähigkeit um das 22-
fache steigern – mit den entsprechend höheren
Umweltauswirkungen. Aber in der Realität ist
der Energieverbrauch natürlich unterschiedlic
h verteilt. Ein US-Amerikaner beschäftigt im
Schnitt 110 Energiesklaven, ein Deutscher 55, ei
n Chinese 10 und ein Bangladescher nicht
einmal einen einzigen.
Deshalb fordern Sie eine »strikte Ge
burtenkontrolle von Energiesklaven«.
Ja. Das bedeutet vor allem ei
ne Geburtenkontrolle der liebst
en Kinder der Industrieländer,
nämlich der Autos. Künftig müssen unsere
Erzeugnisse langlebig
und reparaturfreundlich
sein. Durch eine effizientere
Energienutzung werden wir etwa
die Hälfte der Energiesklaven
einsparen können – bei gleichen Dienstleistung
en für den Menschen. Die andere Halbierung
können wir erreichen, indem wir unseren Lebenss
til ändern, aber auch durch den Einsatz von
sanfteren Energiesklaven, etwa durch Verw
endung von dezentralen Solarenergieanlagen.
Was bedeutet ein anderer Lebensstil?
Energiereduzierte Lebensstile bedeuten kein Le
ben in Sack und Asche. Mit etwas Fantasie
werden wir sogar ein viel besseres, weil sinne
rfülltes, lust- und freudvolles Leben führen
können. Eine Beschränkung auf 15 Energiesklaven
entspricht in etwa dem durchschnittlichen
Lebensstandard eines Schweizers anno 1969.
Würde eine solare Weltwirtschaft Energi
e verschwenden dürfen, ohne dass die Biosphäre
kollabiert?
Nein. Unser Energieproblem hat nicht nur
mit der Beschränktheit von Ressourcen zu tun,
sondern hängt mit der durch Energieumsat
z hervorgerufenen Belastung der Biosphäre
zusammen. Entscheidend ist gar nicht die in
sgesamt eingestrahlte Sonnenenergie, sondern
jener Energieanteil, der die Bios
phäre in Balance hält. Die Biosphäre ist eine hierarchisch
geordnete Pyramide, aber eben keine Granitp
yramide, sondern eher
ein Kartenhaus, auf
dessen Spitze wir Menschen stehen. Dieses Ka
rtenhaus wird aufrech
t erhalten, indem etwa
ein Zehntausendstel der einge
strahlten Sonnenenergie, da
s sind umgerechnet rund 450
Milliarden Energiesklaven, dieses instabile Gesa
mtsystem ausbalanciert.
Es ist die statische
Instabilität, die Wackeligke
it des Systems, die unsere Erfahrungswelt lebendig macht.