Die NATO in Bagdad
BERLIN/BAGDAD/TEHERAN (Eigener Bericht) – Die NATO-Verteidigungsminister beginnen an diesem Donnerstag mit den Vorbereitungen für einen Einsatz des Kriegsbündnisses im Irak. Dies kündigt NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg mit Blick auf das heute zu Ende gehende Treffen der Minister in Brüssel an. Der Einsatz entspricht Forderungen der Vereinigten Staaten, die damit nicht nur die irakischen Streitkräfte befähigen wollen, den IS dauerhaft niederzuhalten. Vor allem geht es darum, den deutlich gewachsenen Einfluss Teherans auf Bagdad zurückzudrängen. Iran verdankt seine neue Stärke im Irak, aber auch in anderen Ländern der Region – von Syrien über den Jemen bis hin zu Qatar – letztlich den blutig gescheiterten Kriegen des Westens und diversen Aggressionen von dessen engsten Verbündeten in Mittelost. So hätte Teheran seinen heutigen Einfluss auf Bagdad nicht erlangen können, hätten die Vereinigten Staaten das Land nicht im Jahr 2003 überfallen und weithin zerstört. Berlin stellt seine Beteiligung an dem bevorstehenden NATO-Einsatz im Irak in Aussicht.
Eine Militärdoktrin für Bagdad
US-Verteidigungsminister Jim Mattis hat bereits im Januar in einem Schreiben an das Brüsseler NATO-Hauptquartier in aller Form einen Einsatz des Kriegsbündnisses im Irak gefordert. Dabei strebt Washington einen Ausbildungseinsatz an, der die irakischen Streitkräfte befähigen soll, den IS auch in Zukunft niederzuhalten. Man könne sich vorstellen, Trainingszentren in der Nähe von Bagdad, möglicherweise sogar eine Art Militärakademie zu etablieren, heißt es; auch sei denkbar, für das Verteidigungsministerium in Bagdad eine Militärdoktrin zu entwickeln.[1] Ergänzend wird unter anderem über Ausbildungsmaßnahmen im Entschärfen von Bomben und über medizinische Fortbildungsprogramme diskutiert. Vor kurzem ist der Kommandeur des NATO-Allied Joint Force Command in Neapel, US-Admiral James Foggo, nach Bagdad gereist, um dort erste Vorabsprachen zu treffen. Der geplante Einsatz wäre mit einer erheblichen Aufstockung der westlichen Truppen verbunden; aktuell sind im Rahmen des US-geführten Krieges gegen den IS weniger als 20 NATO-Militärs in der irakischen Hauptstadt stationiert. Zudem wird es sich, wie zu hören ist, um eine langfristige Intervention handeln.
Die Reihen schließen
Neben der Absicht, einen Wiederaufstieg des IS zu verhindern, spielen mindestens zwei weitere Motive eine wichtige Rolle für die Entscheidung zu einem NATO-Einsatz im Irak. Für die Vereinigten Staaten geht es darum, im Nahen und Mittleren Osten eine weitgehend geschlossene Front der transatlantischen Mächte zu sichern. Hintergrund sind wachsende Differenzen vor allem zwischen Washington und Berlin, die sich zu einer offenen Konkurrenz zu entwickeln beginnen (german-foreign-policy.com berichtete [2]). Bereits im Krieg gegen den IS wollten die USA dem westlichen Kriegsbündnis eine führende Rolle übertragen, scheiterten damit jedoch vor allem an Berlin, das dafür sorgte, dass die NATO im Hintergrund blieb und damit ein geschlossenes, machtvolles Auftreten des Kriegsbündnisses im Irak und in Syrien verhinderte. Diesmal könnte Washingtons Plan allerdings gelingen. Ursache ist ein zweites Motiv für einen NATO-Einsatz im Irak, das Berlin teilt: die Tatsache, dass inzwischen Iran im gesamten Mittleren Osten an Einfluss gewinnt, dass dabei seine deutlich erstarkte Position im Irak signifikante Bedeutung besitzt – und dass ein kraftvolles Vorgehen gegen Teherans Stellung in Bagdad Iran empfindlich schwächen könnte.
Irans Aufstieg (I)
Iran verdankt seinen machtpolitischen Aufstieg im Nahen und Mittleren Osten in hohem Maße der blutig gescheiterten westlichen Kriegspolitik der vergangenen 15 Jahre. Die Voraussetzungen für den iranischen Einflussgewinn haben letztlich die Vereinigten Staaten geschaffen: Mit dem Irak-Krieg des Jahres 2003 zerstörten sie dauerhaft das Land, das jahrzehntelang ähnlich viel Macht auf die Waage brachte wie Iran – und damit die Grundlage für ein labiles Kräftegleichgewicht im Mittleren Osten schuf. War mit der Zerstörung des Irak der Weg für Iran tendenziell frei, sich zur Vormacht in Mittelost aufzuschwingen, so konnte Teheran zudem davon profitieren, dass mit dem Sturz Saddam Husseins die schiitische, teilweise an Iran orientierte Bevölkerungsmehrheit die Macht in Bagdad erlangte. Darauf beruht auch die Tatsache, dass schiitische Milizen, auf die Teheran teilweise erheblichen Einfluss hat, ihre heutige starke Stellung im Irak erreichen konnten. Noch weiter gestärkt worden ist Irans Position jüngst durch das erfolgreiche Vorgehen gegen die Abspaltungsversuche der kurdischen Regionalregierung in Erbil, die Bagdad mit Hilfe schiitisch-irakischer Milizen und dank massiven äußeren Drucks aus Iran beenden konnte. Im Verlauf der Abspaltungsversuche ist es sogar dazu gekommen, dass es – so beschreibt es zum Beispiel die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) – Teheran gelang, seinen Einfluss auf Teile der kurdischsprachigen Bevölkerung des Nordirak auszuweiten.[3]
Irans Aufstieg (II)
Auch jenseits des Irak ist Iran in den vergangenen Jahren dank der Umsturzpolitik des Westens sowie seiner engsten Verbündeten in Mittelost deutlich erstarkt. So konnte Teheran im Verlauf des – von den NATO-Staaten befeuerten – Syrienkrieges nicht nur seinen Einfluss in Damaskus durch konsequente militärische Unterstützung der Regierung ausweiten. Es gelang ihm dabei auch, Truppen der Iranischen Revolutionsgarden sowie iranische Paramilitärs in Syrien zu stationieren. Im August 2016 bezifferte das Royal United Services Institute (RUSI) in London die Stärke dieser Truppen auf 6.500 bis 9.200.[4] Heute steht Teheran erstmals kurz davor, einen durchgehenden Landkorridor von iranischem Territorium über den Irak bis hinein nach Syrien zu kontrollieren – und womöglich weiter bis zum Mittelmeer.[5] Saudi-Arabiens Krieg im Jemen wiederum hat die dortigen Huthi-Milizen, die zu Beginn der Kämpfe nur schwache Beziehungen nach Iran unterhielten, veranlasst, Schutz bei Teheran zu suchen und dadurch ihre Abhängigkeit von der dortigen Regierung deutlich zu intensivieren.[6] Auch Riads Versuch, Qatar mit einer Totalblockade in Gegnerschaft zu Iran zu zwingen und auf diese Weise Teheran stärker zu isolieren, ist im Scheitern begriffen: Beobachtern zufolge treibt Riads Aggression Qatar vielmehr Iran regelrecht in die Arme.[7]
Zur Unterstützung bereit
Washingtons Absicht, über einen NATO-Ausbildungseinsatz im Irak Irans Einfluss auf bewaffnete irakische Verbände zu brechen und durch eigenen Einfluss zu ersetzen, findet den Beifall Berlins. Am vergangenen Wochenende hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen Bagdad besucht und eine Beteiligung der Bundeswehr am Training irakischer Truppen in Aussicht gestellt; die Bundesrepublik könne, erklärte sie, vor allem in den Bereichen Logistik und Sanitätsdienst tätig werden. Es solle umgehend eine Arbeitsgruppe gebildet werden, um die notwendigen Details zu besprechen.[8] Zu Wochenbeginn hat zudem Außenminister Sigmar Gabriel erklärt, „die Ausbildung, die Beratung und der Kapazitätsaufbau irakischer Sicherheitskräfte“ seien in der nächsten Zeit „wichtig“; Deutschland sei zur Unterstützung „bereit“.[9] Am heutigen Donnerstag werden die NATO-Verteidigungsminister auf ihrem Treffen in Brüssel über den Einsatz diskutieren, der spätestens beim kommenden NATO-Gipfel im Juli beschlossen werden soll. Weitere Gespräche werden am Wochenende erwartet: Der irakische Ministerpräsident Haidar al Abadi nimmt an der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz teil.
„Ein zweites Afghanistan“
Dabei warnen Beobachter bereits jetzt, der Einsatz im Irak könne außer Kontrolle geraten und sich zu einer Dauerintervention entwickeln, ganz wie andere Einsätze der NATO: „Das sieht verdächtig wie ein zweites Afghanistan aus“, wird ein mit der Sache befasster Diplomat zitiert.[10] Die Warnung ist begründet. german-foreign-policy.com berichtet in Kürze.
[1] Robin Emmott: Facing Trump’s demands, NATO to consider larger Iraq training mission. reuters.com 07.02.2018.
[2] S. dazu Strategische Autonomie und Transatlantische Konkurrenten.
[3] Stefan Lukas: Quo vadis Nordirak? Bundesakademie für Sicherheitspolitik: Arbeitspapier Sicherheitspolitik Nr. 31/2017. S. dazu Aufgaben für die Bundeswehr.
[4] Aniseh Bassiri Tabrizi, Raffaello Pantucci: Understandin Iran’s Role in the Syrian Conflict. RUSI Occasional Paper, August 2016.
[5] S. dazu Auswirkungen auf den Flugbetrieb.
[6] S. dazu Beihilfe zur Hungersnot (III).
[7] Dominic Dudley: How Qatar Is Being Pushed Into The Arms Of Iran By Saudi Arabia And Its Allies. forbes.com 27.11.2017. S. dazu Kalter Krieg am Golf.
[8] Neue Aufgaben für die Bundeswehr im Irak. tagesspiegel.de 10.02.2018.
[9] Außenminister Gabriel zum Kampf gegen IS und der deutschen Unterstützung für Irak. Pressemitteilung des Auswärtigen Amts. Berlin, 13.02.2018.
[10] Robin Emmott: Facing Trump’s demands, NATO to consider larger Iraq training mission. reuters.com 07.02.2018.

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LG, der Schöpfung verpflichtet, “ET”
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